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Generalstreik und Protestmärsche in Südafrika

■ ANC-Führer mahnen zu Zurückhaltung / Kritik an Sicherheitskräften

Berlin (dpa/wash) – Die Angst vor einer Eskalation der Gewalt bestimmte die Reaktionen auf den Mord an Chris Hani. Führungsmitglieder des ANC, aber auch Regierungsvertreter mahnten, die erst Anfang April nach elfmonatiger Unterbrechung wiederaufgenommenen Mehrparteienverhandlungen über eine Verfassung fortzusetzen. „Das hätte Genosse Chris von uns erwartet“, sagte der Generalsekretär des ANC, Cyril Ramaphosa, am Sonntag. Und Südafrikas Präsident Frederik W. de Klerk drückte die Hoffnung aus, daß die Todesschüsse die Verhandlungsparteien zu mehr „Kompromißgeist“ veranlassen.

Das Ministerium für Recht und Ordnung vermutete, daß der Täter in Eigenverantwortung gehandelt habe. Im ANC hingegen wird das Attentat als Teil einer rechtsradikalen Verschwörung verstanden. Aus dem ANC-Exekutivkomitee, in das der Ermordete im Juni 1991 gewählt wurde, kam der Vorwurf, die Sicherheitskräfte hätten ein Ersuchen um stärkeren Personenschutz für Hani mißachtet. Auch de Klerk warnte vor Unterschätzung des „rechten Extremismus“.

Der 50jährige Hani galt der Jugend des ANC als Symbolfigur. Der Präsident der ANC-Youth- League, Peter Mokaba, hatte nach dem Mord als einziger ANC- Funktionär ausgesprochen scharfe Töne gewählt: „Der sogenannte Friedensprozeß läuft nicht. Was hier geschieht, ist Krieg. Wir müssen handeln.“

Für Mittwoch haben ANC, die kommunistische Partei SACP und die mit ihnen verbündete Dachgewerkschaft COSATU zu einem Generalstreik aufgerufen. Die Organisationen kritisierten, daß die Regierung den mutmaßlichen Mörder als „Polen“ bezeichnet. Die Behörden hätten ihm die südafrikanische Staatsbürgerschaft verliehen und ihm, weil er weiß ist, „mehr Rechte zugestanden als der Mehrheit des südafrikanischen Volkes“. Die Allianz forderte, daß eine unabhängige internationale Kommission den Hintergrund des Mordes untersucht.

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