: „Was ist banal?“
■ Elf kommunikative Objekte von StudentInnen in der Villa Ichon
„Beim nächsten Ton ist es 22 Uhr, 15 Minuten und 20 Sekunden. Piep. Beim nächsten...“ Zeithören ist das Kunstwerk tituliert, das den Betrachter der Ausstellung „Sowas kommt von Sowas“ in der Villa Ichon zunächst zum Behörer werden läßt. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Sache erschließt sich nach und nach, folgt man dem imaginären roten Faden, der den Besucher im Zickzackkurs durch die beiden Räume leitet, vom Videorecorder in einer Nische zu Polaroidfotos mit Bleistiftzeichnungen, vom Kaleidoskop zum Riesendaumenkino.
Die elf ausgestellten Objekte dokumentieren einen kreativen Schlagabtausch in Form eines Frage- und Antwortspiels, den sich sechs GrafikstudentInnen der Bremer Hochschule der Künste über ein halbes Jahr hinweg geliefert haben. In zwei Gruppen, drei Männer „gegen“ drei Frauen, setzten sie sich im Zweiwochenrhythmus mit ihren unterschiedlichen Ausdrucksformen auseinander und forschten nach der Kommunikationsfähigkeit von Kunst. Neugierde, nicht Konkurrenz war die Motivation für dieses Kommunikationsexperiment, der Spaß am Experiment stand im Mittelpunkt, weniger der rein künstlerische Anspruch.
Die Objekte beziehen ihre Aussage aus der Reaktion auf das Vorangegangene und erfahren eine neue Interpretation durch den nachfolgenden Gegenstand. Eins führt zum anderen: Sowas kommt von Sowas.
Der Betrachter bleibt bei diesem Prozeß nicht außen vor. Er ist eingeladen, die Kunstwerke zu gebrauchen, damit zu spielen, sie zu verstehen, und seine eigenen Fragen und Antworten auf seinem Weg durch die Ausstellung zu formuliern. Aber auch die Assoziationskette der KünstlerInnen wird begleitend erläutert und transparent gemacht. Das Konzept dieses Experiments ließ Raum für jedes Medium, jede Ausdrucksform. Auf die von den Frauen dokumentierten Antworten wahllos antelefonierter BremerInnen zur Frage: „Was ist banal?“ (“Kenn ich nicht. Muß was Ausgefallenes sein.“) antworten die Männer mit einer Einladung zur „Holzhammerkur“, die schon bei Nana Mouskuri, Napoleon, Andy Warhol und einer Reihe weiterer illustrer Persönlichkeiten zu Erfolgen geführt haben soll, wie man aus den Erläuterungen unter ihren eingerahmten Konterfeis erfährt.
In einem Spiegel wird hier der Besucher plötzlich selbst zum Bestandteil des Gesamtkunstwerks und darf sich aufgefordert fühlen, das griffbereit angebrachte Zimmermannsgerät der eigenen Bewußtseinserweiterung dienstbar zu machen. „Ist das vielleicht Kunst?“ fragen die Urheber sich und ihr Publikum. Keine zum An- die-Wand-hängen. Aber witzig, originell und herausfordernd. Zu erleben noch bis 30. April im ersten Stock der Villa Ichon am Goetheplatz. Ylle
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