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■ Streit um eine Verschärfung der Sanktionen gegen SerbienZynischer Scherz

Ohne den Termin des UNO-Sicherheitsrates zur Entscheidung über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Rest-Jugoslawien auch nur abzuwarten verkündete ein Sprecher der Clinton-Administration das Ergebnis der Wochenend-Mauscheleien zwischen Washington und Moskau: die erneute Vertagung der Entscheidung um weitere zwei Wochen. Wie schon die Geheimabsprache zwischen Jelzin und Clinton beim Vancouver-Gipfel erinnert dies an die Zeiten der bipolaren Welt. Der Ärger bei den fünf Staaten des Südens ist denn auch mehr als verständlich. Doch ist unwahrscheinlich, daß sie ihre Absicht durchsetzen, im Sicherheitsrat heute auch gegen die russisch- amerikanische Kumpanei eine Abstimmung herbeizuführen. Es gibt zu viele Möglichkeiten, Marokko, Kapverden, Dschibuti, Pakistan und Venezuela politisch und vor allem wirtschaftlich unter Druck zu setzen. Aber selbst wenn diese Staaten den Pressionen standhalten sollten: um eine formale Abstimmung über eine Resolution auf die Tagesordnung zu setzen, müssen mindestens 9 der 15 Sicherheitsratsmitglieder dafür sein. Doch neben den drei weiteren ständigen Mitgliedern China, Frankreich und Großbritannien dürften hierzu zumindest weder Spanien noch Japan zu gewinnen sein. Die drei EG-Staaten hatten der Vertagung auf den 26. April bereits vor der Montagssitzung zugestimmt. Das ist eine Ohrfeige für EG-Unterhändler David Owen. Seit der Unterzeichnung des von ihm und UNO-Vermittler Cyrus Vance vorgelegten Plans durch den bosnischen Präsidenten fordert er verschärften Druck auf die serbische Seite – wofür ihm die zwölf EG-Außenminister noch letzte Woche ihre volle Unterstützung zusicherten.

Inwieweit die Verschiebung einer Entscheidung nun tatsächlich der Rücksichtnahme auf Jelzins innenpolitische Schwierigkeiten geschuldet ist, ist schwer auszumachen. Das Interesse Moskaus an der Aufrechterhaltung der Wirtschaftsbeziehungen mit Rest-Jugoslawien dürfte jedenfalls eine weit größere Rolle spielen, als bislang von der Regierung Jelzin eingeräumt wurde. Wenn Rußlands UNO-Botschafter nun behauptet, es gehe allein darum, „mehr Zeit für Verhandlungen“ zu haben, ist dies nach siebeneinhalb Monaten Verhandlungen angesichts des andauernden Krieges allerdings ein zynischer Scherz. Daß sich die USA und die EG auf diesen Witz eingelassen haben, könnte bereits der Anfang vom Ende des Vance/ Owen-Plans bedeuten. Wenn Rußland in den nächsten Tagen seinen Vorschlag mit zum Vorteil der bosnischen Serben veränderten Provinzgrenzen auf den Tisch legt und die westlichen Staaten dazu nicht schnell und eindeutig „nein“ sagen, sind die Unterschriften der bosnischen Kroaten und Muslime unter dem Vance/Owen-Plan hinfällig. Andreas Zumach

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