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Liebemachen im Alter: Das Begehren bleibt

■ Seminare in Bremen ein doppeltes Tabu

Liebemachen im Alter:

Das Begehren bleibt

Seminare in Bremen über ein doppeltes Tabu

Wenn die Falten immer mehr werden und das männliche Haupthaar immer weniger, ist es mit dem Liebemachen auch bald vorbei — ein gut gepflegtes Vorurteil, nicht mehr.

Das jedenfalls ist die Erkenntnis, die in einem Seminar des evangelischen Bildungswerks vermittelt werden soll: „Kann denn Liebe Sünde sein? — Erotik und Sexualität im Leben älterer Menschen“ soll am kommenden Wochenende Thema sein. Der Titel des Zarah Leander-Liedes wecke gerade bei älteren Menschen Assoziationen, sagt der Psychologe und Seminarleiter Helmut Küpper, und spreche auch das Hauptproblem der Liebe im Alter an: Sex im Alter gilt als verpönt und ist ein Tabuthema.

Dabei werden alte Menschen oft „umgetrieben“, sagt Küppers, von den Problemen, die sich aus körperlichen Veränderungen ergeben, aus der Vereinsamung im Alter oder aus dem „Verschwinden des Begehrens“ aus der Partnerschaft. Zum zweiten Mal bietet Küppers nun ein solches Seminar an. Beim ersten Mal sei er „verblüfft von der Offenheit“ gewesen, mit der die TeinehmerInnen zwischen Anfang 50 und Ende 70 über „Liebe und wie das jetzt ist“ miteinander geredet hätten.

Als „Kennenlernbörse“ darf man sich die Veranstaltung allerdings nicht vorstellen, obwohl Küppers einräumt, daß darin auch eine Motivation für die Teilnahme liegen könnte. Dazu ist schon das Geschlechterverhältnis zu unausgewogen: die Frauen sind aller Erfahrung nach meist deutlich in der Mehrheit. Frauen seien prinzipiell eher bereit, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, erklärt Küppers.

Das bestätigt auch Diplompsychologin Elfi Siegel, die bei ProFamilia Bremen den Bereich Sexualpädagogik betreut. Männer, sagt sie, „tun sich schwer damit, sich als alt zu reflektieren“. Sie selbst konzentriert sich vor allem auf die Arbeit mit alternden Frauen, schon weil kein männlicher Kollege da sei, um sich um die Männer zu kümmern, und aus Mangel an Geld und Zeit. Außerdem haben Frauen mit besonderen Vorurteilen zu kämpfen, berichtet Frau Siegel. Männliche Mediziner würden immer wieder behaupten, „Sexualität stürbe in den Wechseljahren, keine Lust ohne Östrogen“. Darin drücke sich die ewige „Angst der Männer vor der weiblichen Sexualität“ aus und eine Abwertung der Frauen, sagt sie, und bietet darum regelmäßig Seminare für Frauen über 40 zu diesem Thema an. sr

Informationen gibt es beim evangelischen Bildungswerk,

Tel. 323245;

und bei ProFamilia, Tel. 491090

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