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Auf der Suche nach Geld und Soldaten

Nato-Staaten haben für Bosnien-Friedenstruppe bisher keine Soldaten zugesagt / UN-Mangelwirtschaft auch in anderen Krisengebieten / USA-Vermittler in Belgrad  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Sollte der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić in nächster Zeit doch noch den Friedensplan für Bosnien unterschreiben, träfe dies die internationale Staatengemeinschaft weitgehend unvorbereitet. Trotz entsprechender Ankündigungen der Nato-Staaten in den vergangenen Monaten hatte bis Anfang dieser Woche noch keine Regierung UNO-Generalsekretär Ghali Geld oder auch nur einen einzigen Soldaten für die internationale Truppe, die zur Durchsetzung des Abkommens benötigt würde, zugesagt. Nach Einschätzung der zuständigen Experten in der New Yorker UNO-Zentrale sowie im Brüsseler Hauptquartier der Nato bedarf es für diese Aufgabe einer rund 60.000 Mann starken Truppe. Die konkreten Planungen für ihre Zusammenstellung, und ihre Infrastruktur haben noch nicht begonnen.

Laut dem Vance/Owen-Plan soll spätestens 48 Stunden nachdem die Unterschriften aller drei Kriegsparteien vorliegen, ein Waffenstillstand in ganz Bosnien eintreten. Innerhalb von 72 Stunden soll die Entflechtung der gegnerischen Truppen und ihre Verlegung in die den Serben, Kroaten beziehungsweise Muslimen zugedachten Provinzen beginnen. Für die Umsetzung des militärischen Teils des Abkommens sowie eine „Normalisierungsphase“ bis zur Durchführung von Parlamentswahlen wird von den Experten der Friedenskonferenz mindestes ein Jahr veranschlagt.

Noch völlig offen ist die Finanzierung künftiger Bosnien-Operationen. Die Zeiten, da die Finanztöpfe für die UNO-Friedensmissionen noch überbudgetiert waren und daraus zweitweise sogar Löcher im regulären UNO-Haushalt gestopft wurden, sind endgültig vorbei. Von den 850 Millionen US- Dollar, die schon die bisherige UNPROFOR-Mission in Bosnien und Kroatien bis zum 1. April gekostet hat, haben die UNO-Mitgliedsstaaten erst weniger als die Hälfte an die UNO überwiesen.

Nicht nur im Fall Bosnien klaffen Nachfrage und Angebot an Geld und Soldaten weit auseinander. Bereits vor Monaten meldete Ghali gegenüber der UNO-Generalversammlung den Bedarf an Truppenkontingenten für die vom Sicherheitsrat beschlossene Überwachung der Wahlen in Mosambik an. Außerdem bat er um Soldaten, die die bisher entlang der iranisch- irakischen Grenze sowie die auf Zypern stationierten Blauhelme ersetzen sollen. Anfang April beklagte sich der Generalsekretär öffentlich darüber, daß er auf all diese Anforderungen bisher keine oder nur völlig unzureichende Reaktionen erhalten hat. Die jetzt ergangene Aufforderung Ghalis zur Bereitstellung von 20.000 Soldaten für Somalia (siehe Seite 4) wird die Lage weiter verschärfen.

Während die EG ankündigte, ihre humanitäre Hilfe für Bosnien zu erweitern, ist weitgehend ungeklar, wer die Kosten der Überwachung des Flugverbotes über Bosnien tragen wird. Seit Beginn der UN-Aktion am Ostermontag haben Nato-Flugzeuge 102 Überwachungsflüge absolviert.

Nach Gesprächen mit der Belgrader Führungsspitze hat der Sondergesandte der US-Regierung für Bosnien, Reginald Bartholomew, bekräftigt, daß die USA die Sanktionsmaßnahmen gegen Serbien verschärfen wollen. Sollten die Serben den Vance/ Owen-Plan in den nächsten zwei Wochen nicht unterschreiben, werde das Land „aus der Weltgemeinschaft gestoßen“ werden.

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