: Auf der Suche nach dem letzten weißen Paradies
■ Südafrikas extreme Rechte scheint zur politischen Heimat zu werden für jene Europäer und Amerikaner, die sich nach kultureller Homogenität sehnen
Südafrikas Rechtsextremisten sind nicht unbedingt nur rückständige bärtige Buren aus der Provinz. Der Mörder von Chris Hani, Janusz Wallus, war ein Immigrant aus Polen – was in den ersten Tagen nach dem Attentat von Regierungsseite immer wieder hervorgehoben wurde. Aber egal, ob das Klischee vom Buren noch hält oder nicht – es scheint, als ob Südafrikas weiße Rechte eine neue Heimat für Heimatlose wird, für diejenigen, die nach Südafrika kommen auf der Suche nach dem letzten weißen Paradies.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es hauptsächlich alte Nazis und einzelne italienische Kriegsgefangene, die in ein Land reisten, das ihnen ein Leben unter Gleichgesinnten versprach. Einer davon war Armando Pellencin, Gründer der Afrikaaner-Faschisten. Seine Frau Susan war später aktiv in Wohlfahrtsprojekten der rechtsextremen Afrikaaner Weerstandsbeweging (AWB).
Die Immigranten waren nicht nur um soziales Wohlergehen bemüht. Das bezeugt die lange Liste ausländischer Einwanderer, die an Terrorakten der Rechten beteiligt waren. Die erste Bande „weißer Terroristen“ bestand nahezu ausschließlich aus Immigranten. Sie nannten sich das „Weiße Kommando“, dessen Mitglieder Fabio Miriello, Massimo Bollo und Eugenio Zoppis 1982 wegen eines Bombenanschlags auf das Büro eines Wissenschaftlers zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden.
Wenig später wurde der Niederländer Kees Moes verhaftet und des Landes verwiesen. Er hatte mit prominenten AWB-Mitgliedern – darunter ihrem heutigen Führer Eugène Terre Blanche – Waffen geschmuggelt. Der Brite Henry Martin war am Tod des Computerberaters Nick Cruise in Durban beteiligt wie auch an einem Anschlag auf die Taxistationen in Pretoria. Er entzog sich der Verhaftung durch die Flucht nach Großbritannien. Gleichzeitig wiesen die südafrikanischen Behörden den Belgier Jean Bultot aus, der Mitglieder der „Welt-Apartheid-Bewegung“ (WAM) im Nahkampf ohne Waffen unterrichtet hatte.
Die führenden Figuren der WAM und der ihnen nahestehenden Afrikaaner-Nationalsozialisten (ANS) waren Immigranten aus Europa und Nazi-Sympathisanten: Dr. Pol Doussy, Dr. Walter Helm, Dr. Silvano Lorenzoni. Sie waren 1987 an einem Gedenkgottesdienst für Rudolf Hess am Westfriedhof von Pretoria beteiligt. Damals waren Südafrikas Neonazis aber wenig mehr als ein ziemlich vertrottelter Altmännerverein. Noch immer treffen sie sich jedes Jahr zu Hitlers Geburtstag im Haus des WAM-Führers Koos Vermeulen. An den Feiern nimmt unter anderen regelmäßig ein früherer deutscher Luftwaffenoffizier teil und ein SS-Offizier, der 14 Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft verbrachte.
Schon vor der Einwanderung Bekenntnis zur rechten AWB
In den letzten Jahren haben aber antikommunistische Agitatoren aus Osteuropa diesen Relikten aus dem Zweiten Weltkrieg den Rang abgelaufen. Die Mehrheit dieser Aktivisten schließen sich der AWB an, da diese die größte Gruppe ist. Ein AWB-Offizier gestand vor kurzem ein, daß drei Russen seinem Kommando beigetreten seien. Sie erwiesen sich als „gute Männer“, sagte er. Die gute Zusammenarbeit mit einzelnen Rechtsaktivisten äußert sich auch in den vielen Leserbriefen im AWB-Organ Sweepslag (Peitschenhieb) von ausländischen Lesern, die nach Südafrika auswandern und dem AWB beitreten wollen. Sie kommen aus den USA, Kanada, Polen und Rußland. Der russische Immigrant Mazmanjan Tigzan schreibt, er habe schon in Moskau Afrikaans gelernt und suche jetzt Arbeit.
Das Pärchen David Black und Jenny Taylor aus den Vereinigten Staaten schickt Fotos: sie im weißen Mantel, dunkler Brille, hellem Kraushaar und einer Maschinenpistole, er in Tarnuniform mit Gewehr. „Sobald es irgendeinen Job gibt, komme ich mit meiner Freundin sofort in euer Land“, schreibt er. „Wir sind beide von schottisch- irischer Abstammung. Wenn wir dürfen, treten wir beide gleich nach unserer Ankunft dem AWB bei.“ Zweifellos werden David und Jenny sich gut mit AWB-Chefausbilder Keith Conroy verstehen, der kaum Afrikaans spricht und in der britischen Spezialtruppe SAS gekämpft haben soll.
Dann gibt es natürlich noch Dimitrio Tsafendas, griechisch-stämmig und in Mosambik geboren, der unter anderem sechs Jahre in Ägypten lebte, bevor er nach Südafrika kam, um Premierminister Hendrik Verwoerd zu töten. Aber sein Opfer, der Architekt der „Großen Apartheid“, war schließlich ebenfalls Immigrant im Land am Kap. Jan Taljaard, Johannesburg
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