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Ein steifer Kollo als Othello

August Everdings konventionell- schöne Inszenierung von Verdis Othello sah am Mittwoch in der Staatsoper mal wieder einen berühmten Tenor in der Hauptpartie. Doch René Kollos Ausflug ins italienische Fach wurde nur ein mäßiger Erfolg. Wie mit gebremster Kraft und keineswegs wackelfest sang er den „Mohr von Venedig“ wenig souverän. Auch darstellerisch blieb Kollo steif und konnte der todbringenden Gekränktheit Othellos keine Schattierungen abgewinnen. Ganz im Gegenteil zu Mario di Marco, der den Intrigenschmied Jago zwar auch nicht fehlerlos, aber mit Inbrunst und Feuer sang. Er allein gab seiner Figur Charakter und agierte mit jener sympathischen Verschlagenheit, die den Fähnrich schon so oft zum wahren Helden von Verdis vorletzter Oper werden ließ. Eine weitere Überraschung im doppelten Sinne bot die Amerikanerin Sharon Sweet in der Rolle der Desdemona. Denn die schwergewichtige Sopranistin zerstörte jede gängige Vorstellung der ranken Heerführer-Gattin, dafür sang sie mit einer warmen Einfühlung, die eindeutig den musikalischen Höhepunkt des Abends schuf. Das Philharmonische Staatsorchester unter dem Stab von Stefan Soltesz musizierte bis zum vierten Akt, wo gerade an den sensibelsten Stellen holperige Einsätze und tonale Unsauberkeiten auffielen, kraftvoll und transparent. tlb

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