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„... das Gesetz beachtet“

■ Über die Gleichstellung der Stadtwerkefrauen und ein Kollegen-Outing

Was ist das bremische Landesgleichstellungsgesetz? Ein Gesetz, das die Gleichstellung der Frau befördern soll, denken Sie vielleicht. Und wie ist es zu beachten? Im Aufsichtsrat der Stadtwerke, in dessen Tätigkeit bzw Un-Tätigkeit (9.000 Mark im Jahr für den Vorsitzenden, 6.700 Mark für einfache Mitschläfer) die geneigten StromzahlerInnen seit einigen Monaten einen klitzekleinen Einblick nehmen konnten, stand am 16.9.1992 die Besetzung einer wichtigen Position (Prokurist/Abteilungsleiter) auf der Tagesordnung. Nachdem der grüne Aufsichtsrat kritisch nachgefragt hatte, warum es denn nur einen Kandidaten von den 200 Bewerbern gebe, also keine Wahl bei den Wahlen, meldete sich der SPD-Aufsichtsrat Carl-Heinz Schmurr zu Wort: „Ich will das nicht unnötig erschweren, aber ist das Landesgleichstellungsgesetz beachtet worden?“ Als verhinderten Frauenbeauftragten hat man den Genossen Schmurr bisher nicht erlebt, eher noch als einen, der mit dem Grünen Fücks im Clinch liegt und eine Gelegenheit ungern vorbeiziehen läßt, ihn zu vergackeiern. Auf die sachlich gestellte Frage kam die sachliche Antwort des Arbeitsdirektors Willipinski: „Es gab unter den 200 Interessenten nicht eine einzige weibliche Bewerberin.“ Aufsichtsratsvorsitzender trocken: „Damit ist das Gesetz beachtet.“ Höflich umschreibt das Protokoll die Reaktion: „Gemurmel im Saal.“

Gibt es denn keinen Aufrechten im Lande des Genossen Filzes? Doch, so konnten wir dieser Tage im Hörfunk hören. Irgendwann vor Jahren muß es gewesen sein, da luden die Stadtwerke die Journalisten Harald Gerd Brand und Axel Schuller zusammen mit diversen Energieexperten, Politikern und Betriebsräten ins Roseliushaus zu einem fürstlichen Gespachtel. Nach Aperitif, Digestiv und Brasil-Zigarre gabs dann für jeden Gast 50 Spielmark für's gegenüberliegende Casino. Und während die Runde Ausgang Böttcherstraße in eine lange Nacht verschwand, setzten sich unsere beiden Aufrechten an den Tresen und versuchten, das Gesehene und Gehörte bei einem Fachgespräch mit dem Arbeitsdirektor der Stadtwerke, dem trockenen Gewerkschafter Willipinski, zu verdauen. Was ihnen auch gelang. Jedenfalls erinnert sich der Hörfunk-Kollege Harald Gerd Brand heute, als er über diese Filznacht öffentlich Rechenschaft ablegen wollte, dergestalt, die beiden hätten ihr Spielgeld „noch am selben Abend für eine Schule in Namibia gespendet“. Auf welcher Bank die beiden zu später Stunde das Spielgeld losgeworden sind, fragt sich da doch Rosi Roland

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