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Schiefe Kostenrechnung für schiefe Räume

■ Beim Neubau der Kripozentrale fallen Mehrkosten in Millionenhöhe an / Bauverwaltung wendet Bilanztrick an / Rechnungshof bemängelt schiefen Grundriß

Berlin. Am kommenden Donnerstag wird auf dem Neubau der Polizeidirektion am Tempelhofer Damm der Richtkranz gehißt. In nur dreijähriger Bauzeit wurde der Rohbau errichtet, doch schneller als die Geschosse wuchsen die Kosten in den Himmel. Gleichwohl wird Bausenator Wolfgang Nagel auf dem Richtfest stolz verkünden, daß sich die bislang verausgabten Mittel im Rahmen des ursprüngliche Haushaltsansatzes von 333 Millionen Mark bewegen. Womit er zwar die Wahrheit sagen wird, doch nur die halbe. Denn sein Haus hat bereits im April letzten Jahres dem Landesrechnungshof gegenüber erklärt, daß bislang 18,3 Millionen Mark unter anderem aufgrund von Planungsänderungen und Planungsleistungen bei dem Kriponeubau angefallen sind, die ursprünglich nicht vorgesehen waren.

Erforderlich wurden diese Mehrkosten, so stellte der Rechnungshof nach einer Überprüfung fest, weil „umfangreiche Änderungen bzw. Anpassungen des Entwurfes“ stattfanden, die zu Enpässen führten, „weil der notwendige Planungsvorlauf für die zwischenzeitlich angelaufene Baudurchführung fehlte“. In einer Stellungnahme verweist die Bauverwaltung dieser Tage darauf, daß trotz dieser „zusätzlichen Honorarkosten“ sich die Baunebenkosten im normalen Rahmen bewegten.

Daß die Zusatzkosten in der Gesamtrechnung – noch nicht – auftauchen, liegt an einem Bilanztrick, den die Bauverwaltung anwendete und den der Rechnungshof monierte. 13,1 Millionen Mark deckte sie über den „Mittelansatz für Unvorhergesehenes“, einen Posten, der in der Regel fünf Prozent der Baukosten ausmacht, und der, wie der Rechnungshof anmerkt, eigentlich dazu dient, „zusätzliche Kosten, die auch bei sorgfältiger Planung und unter Beachtung der Haushaltsvorschriften auftreten können, sukzessive aufzufangen“.

Mit den 13,1 Millionen Mark schöpfte die Bauverwaltung bereits 85 Prozent dieses Topfes aus, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Baumaßnahme erst zu 25 Prozent realisiert war. Die Bauverwaltung hatte im Januar erklärt, daß sich die Kosten insgesamt trotzdem nicht erhöhen werden, woraufhin der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschuß des Abgeordnetenhauses Jürgen Lüdke (SPD) schloß, daß diese Gesamtkosten dann zu hoch angesetzt seien.

Auch der haushaltspolitische Sprecher des Bündnis 90/ Grüne, Arnold Krause, kommt zu dem Schluß, „daß man hätte billiger bauen können“. Aufgrund der Eilbedürftigkeit des Vorhabens seien Planungsschritte überlappend vollzogen worden. Zudem seien mit „an den Haaren herbeigezogenen Begründungen“ 699 Stellplätze für Kripofahrzeuge im Kellergeschoß gebaut worden, obgleich lediglich von einem Bedarf von 615 auszugehen sei.

Der Rechnungshof hatte kritisiert, daß „dieser Anhaltspunkt überschritten wurde, ohne daß hierfür eine Begründung aktenkundig ist“. Ein Umstand, der die Prüfer umso mehr verärgerte, als die Kosten für einen Stellplatz 35.000 Mark betragen. Die Bauverwaltung begründete die großzügige Parkflächenvorsorge damit, daß die Privatfahrzeuge der Kripobeamten auch für Dienstfahrten genutzt würden und sie „weitestgehend vor Einbrüchen und Diebstählen geschützt werden“ müßten.

Weitere vermeidbare Kosten sieht der Rechnungshof auf den Senat aufgrund der Schiefwinkeligkeit des Kriponeubaus zukommen. Zwei von drei Gebäudeflügeln stehen nicht im rechten Winkel zum Haupttrakt, woraus sich „für etwa die Hälfte der Geschoßfläche Räume mit schiefwinkligen Grundrissen“ ergeben. Bereits bei der Bauschalung sei deshalb mit Mehrkosten von sechs Prozent zu rechnen gewesen. Der Rechnungshof kommt zu dem Schluß, daß aufgrund dieser vermeidbaren Kosten, „die Grundrißgestaltung nicht als wirtschaftlich anzusehen“ ist. Dieter Rulff

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