: Bosnien-Hilfe auf eigene Faust
■ Fischerhuder "Frauen in Schwarz" aktiv: Hilfe für traumatisierte bosnische Frauen
Bosnien-Hilfe auf eigene Faust
Fischerhuder „Frauen in Schwarz“ aktiv: Hilfe für traumatisierte bosnische Frauen
Sie haben es sich vorgenommen, und sie werden es jetzt auf eigene Faust durchziehen: Ohne große Organisation im Rücken, aber gut informiert und präpariert wird am 27. April ein LKW- Transport von Fischerhude bei Bremen nach Zagreb starten, bestückt mit Sachspenden, die die aktive Gruppe „Frauen in Schwarz“ von Fischerhude seit Wochen gesammelt und aufgetrieben hat. Die Frauen von Fischerhude nennen sich so nach dem Vorbild der Belgrader „Frauen in Schwarz“, die wöchentlich auf den Straßen für Frieden demonstrieren.
Sie haben, alarmiert von den Nachrichten über die Mißhandlungen und Vergewaltigungen in Bosnien, Geld gespendet und gesammelt, Firmen angesprochen und Privatleute um Geld- und Sach-Spenden gebeten.
Zwischen 30 Fischerhuder Frauen zählen sich zu dem Kreis, 20 sind ständig aktiv dabei: das bedeutet eine Menge für so einen kleinen Ort. „Wir wollen eine Alternative versuchen zum Üblichen“, sagt Rechtsanwältin Christel Dehning-Pricelius, die den Transport nach Zagreb begleiten wird, „bei den großen Organisatioenn geht doch ein Riesenteil für Verwaltung verloren, und viel zu viel landet auf dem schwarzen Markt!“
Das wollen die Fischerhuder Frauen geschickter einfädeln: „Wir gewährleisten, daß die Güter auch dort ankommen, wir fahren selbst runter und nehmen Kontakt auf zu den Frauengruppen, wir fahren mit in die Lager.“ Mit zunächst einem Teil des gesammelten Geldes und den Sachspenden geht es direkt nach Zagreb, wo sich im Zusammenhang mit dem einzigen autonomen Frauenhaus dort das center for woman war victims (Zentrum für Frauen-Kriegsopfer) gegründet hat. Die center- Frauen fahren in die umliegenden Flüchtlingslager und suchen auch die wilden Camps auf, die sich laufend bilden. Dort leben, vegetieren die mißhandelten, traumatisierten muslemischen Frauen, „man erkennt sie an den ausgeschlagenen Zähnen und an den dicken Bäuchen“, stellt Christel Dehning-Pricelius sachlich fest.
Die center-Frauen bieten humanitäre Hilfe an: Medikamente, Verbandszeug, Babyversorgung, Lebensmittel. Sie versuchen vorsichtig, Vertrauen aufzubauen und erste Strukturen der Hilfe zur Selbsthilfe vorzubereiten.
Das Zagreber center ist die erste Adresse für die Fischerhuder Geld- und Sachspenden. „Wir haben Kontakt noch zu fünf weiteren Frauengruppen, die dort arbeiten, aber wir wollen uns auch vor Ort mit eigenen Augen vergewissern, daß effektiv gearbeitet wird“, sagt Dehning-Pricelius nüchtern, „wir wollen mit unserem Geld direkt den traumatisierten Frauen helfen! Ich will mich persönlich überzeugen: fließt das Geld in irgendwelche Büros? Zahlen sich die Helferinnen dort dicke Gehälter? Wir wollen uns nicht einfach mit Geldspenden entlasten, das Geld soll auch effektiv für die Frauen eingesetzt werden.“
Auf dem LKW werden „Mutter-Kind-Pakte“ sein, in Fischerhude gepackt für den konkreten Bedarf: In den wilden Lagern herrscht großer Mangel an an Krätze- und Läusemitteln, Schmerzmitteln, Zahnbürsten, Seife, Tampons und Binden, Verbandszeug, Babynahrung. Mit dabei sind Säcke mit Mehl, Kartoffeln, Salz, die die Fischerhuder Bauern lockergemacht haben. Christel Dehning-Pricelius: „Damit gehen wir selbst in die Lager und händigen das persönlich aus.“ Ins Paket gehört neben Seife und Babybrei auch immer „ein persönliches Wort, ein Signal der Hoffnung, daß woanders Menschen an diese Opfer denken, daß sie nicht verloren sind!“ S.P.
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