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Er wollte nur zu seiner Frau ...

■ Westafrikaner beantragte zum zweiten Mal Asyl

Am Freitag stand ein Asylbewerber aus Westafrika vor Gericht, der in Bremen versucht hat, unter falschem Namen einen zweiten Asylantrag zu stellen. Patrick M. (27) aus Lome hat allerdings nicht versucht, von zwei Stellen Sozialhilfe zu kassieren. Wie er vor dem Bremer Amtsgericht erklärte, habe er nur aus Suhl in Thüringen weggewollt nach Bremen, weil seine Frau hier als Asylbewerberin lebe. Nach einigen Wochen in Bremen war er verhaftet worden, weil über den Fingerabdruck- Computer die doppelte Identität aufgefallen war.

„Urkundenfälschung“ lautete nun der strafrechtliche Vorwurf vor Gericht. Da Patrick M. kein Wort Deutsch versteht, mußte ihm eine Dolmetscherin seine Lage erklären. Er sei Student der „science et lettres“, sagte er auf Fragen des Richters, was eine weitschweifige Bezeichnug für Geistes- und Literaturwissenschaft ist. Der Richter war sichtlich unzufrieden mit der Antwort und wollte wissen, was denn sein Berufsziel dabei gewesen war. Der Angeklagte murmelte etwas von „recherche“ .

Er habe, rechtfertigte er sich, als „blinder Passagier“ die Flucht mit dem Schiff aus Lome angetreten und sei in einem Hafen, den er nicht kannte und dessen Name er vergessen, ausgestiegen. Das sei in Dänemark oder in Holland gewesen. Dort habe ihm ein Deutscher geholfen, mit dem Auto nach Deutschland zu kommen.

In Dortmund beantragte er Asyl unter seinem richtigen Namen und wurde im Bezirk Suhl untergebracht. Ihm war klar, so räumte er vor Gericht ein, daß er den Bezirk nicht verlassen durfte. Dennoch fuhr er im Dezember 1992 nach Bremen und beantragte erneut Asyl. Dies allerdings unter „Johannes D.“ Vor Gericht erklärte er zur Begründung, er sei in seiner Heimat verfolgt worden und habe dort schon unter diesem Decknamen Anfang 1991 geheiratet. Um seine Frau nicht zu belasten, habe er ihr nichts von seinem richtigen Namen erzählt. In Bremen sei er im Bunker Zwingli- Straße untergekommen und habe Essen und 80 Mark Taschengeld pro Woche erhalten.

Das Strafmaß entschied der Richter so, daß der Angeklagte nach dem Verfahren auf freien Fuß kam: zwei von den 5 Monaten hat er schon in U-Haft gesessen, die restlichen drei wurden zur Bewährung ausgesetzt. Ph.H.

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