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Bremens Wirtschaft technologisch hintan

■ Staat fördert in Bremen „marktfern“ / Impulse für Wirtschaftswachstum zweifelhaft

Wenn es mit Bremens Technologieförderung so weiter geht wie bisher, ist äußerst zweifelhaft, ob Bremen die Ziele des Sanierungsprogramms — Stärkung der Wirtschaftskraft — erreichen kann. Dies ist, zugespitzt formuliert, das Ergebnis einer Studie, die der Bremer Ausschuß für Wirtschaftsforschung (BAW) beim Wirtschaftssenator vorgelegt hat. Im Gegensatz zu dem, was der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium und Bremer CDU-Vorsitzende, Bernd Neumann am vergangenen Freitag über diese Studie berichtet hat, (vgl. taz 17.4.) ist die Förderung des „Oberzentrums“ Bremen aus Bonn keineswegs überdurchschnittlich hoch.

Guckt man genauer hin, was da aus Bonn gefördert wird, dann verschiebt sich das Bild sogar radikal: Der größte Anteil der Gelder fließen in Weltraumforschung und Meeresforschung (AWI). Die Weltraumforschung ist akut von „Mittelkürzung“ bedroht, beide Bereiche haben eine „geringe industrielle Umsetzbarkeit“, so die Studie. Bei allen Techniologiebereichen, von denen in dem kommenden Jahrzehnt das bundesdeutsche Wirtschaftswachstum erwartet wird, liegt Bremen mit seinen Förderungsraten aus Bonn weit hinten.

Auch die eigenen bremischen Fördermittel liegen aber deutlich unter dem Niveau der anderen Stadtstaaten. Dies korrespondiert mit einem geringen Aufwand für Forschungs- und Entwicklung (F&E) der bremischen Wirtschaft selbst: „Nahezu alle Wirtschaftszweige mit überproportionalen F&E-Zuwächsen in der Bundesrepublik sind in der bremischen Wirtschaft nicht mit entsprechenden F&E-Aktivitäten vertreten.“ Die bremische Wirtschaft weist „die relativ geringsten eigenfinanzierten F&E-Aktivitäten“ im Bundesvergleich auf. Zum Beispiel sind in der Herstellung von KFZ sind zwar 16 Prozent der bremischen Arbeitnehmer beschäftigt, aber dort „findet nahezu keine F&E statt“.

Die Studie des Forschungsinstituts des bremischen Wirtschaftssenators kommt zu dem Ergebnis: „Die bremische Wirtschaftsstruktur ist traditionell von Wirtschaftszweigen geprägt, die dem sog. 'Low-Tech'-Bereich zuzuordnen sind. Hierzu gehören u.a. der Schiffbau und der Bereich Nahrungs- und Genußmittel.“ Und: „Die Spitzentechnologien sind mit Ausnahme der Luft- und Raumfahrttechnik in Bremen nicht vertreten oder deutlich unterrepräsentiert.“ Stark ist Bremen nur „auf nicht marktfähige bzw von öffentlichen Auftraggebern abhängige Forschungsbereiche“ ausgerichtet.

Ein besonderes Problem, das für Bremen in dem schon mit dem Süd-Nord-Gefälle benachteiligten Norddeutschland hinzukommt: Bei den F&E-Standorten ist „eine Konzentration in der östlichen Hälfte Norddeutschlands“ festzustellen. Bremen liegt aber am westlichen Rande. Wobei, wie das BAW vermerkt, die Ländergrenzen „F&E-Kooperationen zwischen dem Oberzentrum und dem Umland ... erschweren“. Niedersächsische Unternehmen müssen natürlich ihre Förderanträge in Hannover stellen — die „Einbindung der regionalen Klein- und mittelgroßen Unternehmen ist gefährdet“, sagt die Studie vorsichtig. Von Bonn wird das Bremer Umland nicht als Einzugsbereich eines Oberzentrums behandelt, sondern als tiefste Provinz, weit weg von Hannover: Keinerlei aus Bonn finanzierte Forschungs-Aktivitäten sind im Bremer Umland zu finden.

Konsequenz: Will Bremen ein richtiges Oberzentrum werden, muß es das Umland einbeziehen, „verstärkte Forschungskooperation zwischen Bremens und Niedersachsen“ stünde auf der Tagesordnung.

Aber insgesamt, so müssen die BAW-Autoren einräumen, ist über die F&E-Aktivität der bremischen Klein- und Mittelbetriebe sehr wenig bekannt. Nur eines weiß man: Die Kooperation von Klein- und Mittelbetrieben mit Großunternehmen im F&E-Bereich, aus der andernorts der entscheidende Beitrag zum technologischen Wirtschaftswachstum kommt, findet in Bremen nicht statt. Mangels technologieintensiver, marktnaher Großbetriebe.

K.W.

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