piwik no script img

Will weiterwuchern

■ Autonomes Café Geschwulst am Osi nun mit Vertrag / Handsignierte Zensur

Das „Geschwulst“ kann weiterwuchern. Das gleichnamige Café am Otto-Suhr-Institut (Osi), dem Politikfachbereich der FU, ist wieder offen. Die neue Café-Gruppe hat im Sommer-Semester viel vor: Eine alternative Studienberatung für ErstsemesterInnen ist geplant, die schon traditionelle Semesteranfangsfete und vielleicht auch eine Aktionswoche.

Seit seiner Eröffnung während des UniMut-Streiks gab es ständig Zoff um das Geschwulst. Die verschiedenen Café-Gruppen und Plena wollten nie bloß Kaffee ausschenken und MitstudentInnen mit Frühstück versorgen. Aktives Einmischen in die Politik an der Uni und in der Stadt war angesagt. Je nach aktuellem Anlaß erklärten Uni-Leitung und diverse Profs das Café zur Brutstätte tötungsbereiter HausbesetzerInnen oder militanter GolfkriegsgegnerInnen. „Geistiges Zentrum der Berliner Gewaltszene", schrieb die FAZ zum Osi und seinem Geschwulst.

Die von jeher unheimelige Atmosphäre ist nun im Zuge der Vertragsunterzeichnung entschärft worden. Das Präsidialamt der FU zensierte die Wandmalerei: statt eines Steins hält einer der „gewaltbereiten Autonomen" einen Strauß Blümchen in der Hand. Gesine Schwan, die Osi-Dekanin, soll sich bereit erklärt haben, den Zensurstrauß notfalls mit ihrem Namen an der Wand zu zeichnen.

Im Dauerstreit um's Geschwulst weigerten sich die Studis, einen Vertrag mit dem Präsidialamt zu unterschreiben. „Das sind unsere Räume“, lautete die Position derer, die sich mit dem Geschwulst im UniMut-Streik zugleich einen politischen Freiraum erkämpft hatten. Fachbereichsleitung und Präsidialamt störten sich vor allem daran, daß ihnen die Namen der BetreiberInnen nicht bekannt waren, und sie deshalb auch niemanden zur Verantwortung ziehen konnten.

Letztes Semester wurde das Café gesperrt. Erst wenn ein Vertrag unterschrieben werde, könne der Raum wieder in Betrieb genommen werden, hieß es. Zweimal versuchten die StudentInnen, sich ihr Café wiederzuholen: Sie besetzten es. Zweimal kam die Polizei und räumte. Nach langen Diskussionen sah die Café-Gruppe dann keinen anderen Weg, als den Vertrag zu unterschreiben.

Jetzt sind die Türen wieder offen. Eins ist klar: der Vertrag bedeutet nicht, daß es in Zukunft im und um das Café nicht weiter Aktionen geben wird. „Wir sind ein störendes Geschwulst im ansonsten reibungslos funktionierenden Uni-Organismus und das wollen wir auch bleiben“, so das Motto der Café-Gruppe. Julia Gerlach/cif

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen