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Blockade gibt serbischer Propaganda neue Nahrung

■ Innenpolitisch wird sich in Restjugoslawien durch die Totalblockade nichts ändern, und die bosnischen Serben haben ihre Kriegsziele ohnehin bald erreicht

Zwei neue Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats zu Bosnien sollen den Frieden im ehemaligen Jugoslawien voranbringen. Nach der ersten, am Samstag verabschiedeten Resolution, wird die ostbosnische Muslimanen-Hochburg Srebrenica zu einer Art Schutzzone erklärt. Nach der zweiten, am Sonntag angenommenen Resolution tritt ab dem 26. April über Restjugoslawien eine „Totalblockade“ in Kraft.

Schon das Vorhaben, Srebrenica zu entmilitarisieren, entpuppt sich als äußerst schweres Unterfangen. Die Vorhut eines kanadischen UNO-Bataillons, das mit Vorarbeiten für eine Schutzzone beginnen soll, konnte gestern erst im zweiten Anlauf die belagerte Stadt erreichen. Ihr Auftrag lautete dabei nur: zu hören und zu sehen, wann wer und wie oft auf wen schoß, während die eigenen Waffen zu schweigen hatten. Darüber hinaus sollte „geprüft werden“, ob man bereits eine Massenevakuierung von Zivilisten und Verletzten durchführen könne oder nicht. Ein kanadischer Offizier wollte über diese Machtlosigkeit der UNO im bosnischen Rundfunk seine Auffassung nicht verhehlen: „Unter solchen Umständen ist es eine Utopie zu glauben, Srebrenica lasse sich noch entmilitarisieren und die Zivilisten könnten eine gesicherte Heimat finden. Dafür fehlt es uns an Zeit und ausreichenden Truppenkontingenten.“

Am 26. April, einen Tag nach dem Referendum in Rußland, soll die Resolution zur „Totalisolierung“ Restjugoslawiens in Kraft treten. Der Resolutionstext sieht unter anderem vor, alle Auslandsguthaben Belgrads einzufrieren, die Donau und das adriatische Meer entlang der montenegrinischen Küste als internationalen Schiffsweg zu blockieren. Außerdem hat der Sicherheitsrat verfügt, „daß alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) die Durchfahrt aller Lastfahrzeuge und Eisenbahnwagen nach oder aus Serbien und Montenegro verhindern sollen, mit Ausnahme einer streng limitierten Anzahl von Straßen- und Eisenbahnübergängen“.

Damit droht der bereits am Boden liegenden Wirtschaft Serbiens der Kollaps. Ein Kollaps, den das Regime längst einkalkuliert hat. Die Propaganda in den gleichgeschalteten Massenmedien Serbiens wiederholt schon seit Monaten, gegen die „legitimen Interessen des serbischen Volkes“ formiere sich eine „Weltverschwörung“, der es zu trotzen gelte – wie hoch der Preis auch immer sein möge.

Damit droht der serbischen Wirtschaft der Kollaps

Eine propagandistische Stoßrichtung, der mittlerweile alle namhaften Politiker Serbiens folgen. In den letzten Wochen haben selbst die großen Oppositionsparteien, die sich ansonsten von der Politik des Serbenpräsidenten Milošević und den Kriegsverbrechern Mladić und Karadžić distanzierten, deren hartnäckiger Ablehnung angeschlossen, den Vance-Owen-Friedensplan zu unterschreiben. „Srebrenica ist serbisch“, erklärte beispielsweise Draguljub Micunović, Chef der „Demokratischen Partei“. Und Oppositionsführer Vuk Drašković sprach vom „Diktat des Westens“, durch das das „serbische Volk pauschal verurteilt wird“.

Innenpolitisch wird sich in Restjugoslawien aufgrund einer Totalblockade kaum etwas ändern. Streiks oder Unruhen sind derzeit selbst bei einem weiteren drastischen Fall des Lebensstandards nicht in Sicht. Die bosnischen Serben wiederum scheren sich nicht um wirtschaftliche Sanktionen; sie haben ihre Kriegsziele nahezu erreicht. Um die letzten Eroberungen noch durchführen zu können, reichen die Waffen und Panzer in ihrem Besitz aus. Die gemeinsame Grenze zu Restjugoslawien ist bereits so lange militärisch gesichert, daß der Nachschub zudem noch für Monate ungestört funktionieren kann. Daran ändert auch das von der Nato verhängte Flugverbot über Bosnien nichts: Der Krieg wird mit einer waffentechnischen Überlegenheit an leichten Waffen am Boden zu Ende geführt, Bombardements aus der Luft sind nicht mehr nötig. UNO-Resolutionen verlieren angesichts der nackten Realität der Kriegslogik ihre Wirkung. Karl Gersuny

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