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Nach kurzem Flirt deutliche Distanz

■ Prozeß gegen Sekretär der IG Metall wegen sexueller Nötigung fortgesetzt

Moabit. Der 39jährige politische Sekretär der Berliner IG Metall, Detlef K., sei bekannt dafür, daß er an seinen Kolleginnen „ziemlich gern ein bißchen rumtatscht“. Das sagte gestern eine bei der IG Metall Beschäftigte als Zeugin vor der 20. Strafkammer des Landgerichts. Detlef K. ist angeklagt, seine Kollegin Angelika R. im November 1991 nach einer feuchtfröhlichen Betriebsfeier in seinem Auto gewürgt und zum Oralverkehr gezwungen zu haben. Der Angeklagte behauptet, die 37jährige Sekretärin hätte aus freien Stücken mit ihm sexuell verkehrt. Der Vorfall war seinerzeit aufgrund eines taz-Berichtes an die Öffentlichkeit gelangt. Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet.

Am gestrigen zweiten Verhandlungstag wurden zwei Kolleginnen von Angelika R. sowie die Ehefrau des Angeklagten vernommen. Große Bedeutung dürfte das Gericht vor allem der Aussage der 32jährigen IG-Metall-Verwaltungsangestellten Sabine Sch. zumessen. Sabine Sch. war die letzte, die Angelika R. und Detlef K. in der besagten Nacht nach der Feier in einem Restaurant sah. Detlef K. beruft sich darauf, er und Angelika R. hätten sich bereits in dem Restaurant geküßt. Die sexuelllen Handlungen in seinem Auto seien nur die Fortsetzung der dort begonnenen Zärtlichkeiten gewesen. Demgegenüber erklärte Angelika R., der Angeklagte hätte im Restaurant lediglich „versucht“, sie zu küssen. Sie hätte Detlef K. daraufhin weggestoßen, und jener habe sich mit den Worten „das war nicht so gemeint“ entschuldigt.

Ihre Kollegin Sabine Sch., die im Lokal am selben Tisch gesessen hatte, sagte gestern, die beiden hätten „geflirtet“ und „einen Zungenkuß“ ausgetauscht. „Ich glaube, ihr saß in diesem Moment der Schalk im Nacken.“ Als sie wieder zu ihnen hingeguckt hätte, habe sie jedoch eine „deutliche Distanz“ gespürt. „Sie saßen auch nicht mehr so eng beieinander.“ Alle drei hätten das Lokal dann gemeinsam verlassen. Sie selbst, so Sabine Sch., sei zu Fuß gegangen. Detlef K. hatte hingegen erklärt, er hätte auch Sabine Sch. ein Stückchen mitgenommen.

Die 39jährige Ehefrau des Angeklagten, Petra K., suchte gestern eine Lanze für ihren Mann zu brechen. Sie kenne ihn seit 23 Jahren und wisse, daß er „niemals agressiv“ sei. „Mein Mann würde niemals einer Frau Gewalt antun.“ Sie habe am nächsten Morgen in dem Auto eine Rose und einen Ohrclip gefunden und zunächst geglaubt, ihr Gatte hätte sie mit Sabine Sch. betrogen. Sie habe ihm daraufhin eine „wahnsinnige Szene“ gemacht. Als er ihr jedoch gestanden hätte, mit Angelika R. zusammengewesen zu sein, sei sie nicht mehr eifersüchtig gewesen: „Angelika R.“, beteuerte Petra K. mehrmals, ohne danach gefragt worden zu sein, fast abfällig, „ist für mich als Frau keine Konkurrenz.“ Der Prozeß wird am Donnerstag fortgesetzt. plu

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