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„Nicht durch den Dreck ziehen! „

■ Wedemeier vor dem Untersuchungs-Ausschuß / Spendenpraxis „nicht unüblich“

Foto: Tristan Vankann

In Schulklassenstärke drängelten die Kameraleute und FotografInnen, als der Bürgermeister Auftrittestermin im Stadtwerke-Untersuchungsausschuß hatte: „Klaus Wedemeier, 49 Jahre, Kaufmann, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke.“

Thema: Spendenpraxis der Stadtwerke. „Im großen und ganzen angebracht“ fand Wedemeier, wie die Stadtwerke gespendet hatten, auch was die unternehmenspolitischen Ziele betraf. Kleiner Seitenhieb: „Auch der Jahresabschluß 1991, wo die Spendensumme von 370 auf 622 tausend Mark gestiegen ist, wurde einstimmig gebilligt — auch von den Herren Fücks, Kudella, Jäger!“

Von den Parteispenden an die SPD will Wedemeier erst 1991 erfahren haben, vorher gab es „kei

Mann am

Mikros

nen Hinweis auf Spenden an die SPD“. Niederbremer hielt ihm vor: „Es hält sich hartnäckig das Gerücht, daß die Bremer SPD ihr Wahlkampf-Darlehen von 250.000 Mark mit Stadtwerke- Spenden an die Bundespartei tilgen wollte...“ Wedemeier: „So ein Gerücht kann es nicht geben.“ Er jedenfalls habe da nichts in die Wege geleitet: „Ein solches Gespräch hat mit mir nicht stattgefunden“. Spendenwünsche für Dritte habe er manchmal befördert, schon, aber nie für die Partei gegenüber den Stadtwerken, „bei anderen ja!“ Unklar bleibt jedenfalls, wieso die Bundes-SPD die in 1992 gezahlte zweite 30.000-Mark- Spende ausgerechnet am 24.8.92 zurücküberwiesen hat an die Stadtwerke; am 27.8. war in der

Bürgerschaft die Aktuelle Stunde zum Billigstrom-Thema. Da konnte dann insofern gesagt werden, in 92 sei nicht an die SPD gespendet worden. Wedemeier: „Im Ergebnis ist das in Ordnung.“

Für jährlich 24.000 Mark an den Deutschen Hausfrauenbund in Bremen hatte Wedermeier sich so ins Zeug gelegt, daß er einen Vorstand-Beschluß „noch mal zu überdenken“ angeregt hatte. Weil man in einer Lehrküche zeigen kann, wie man Strom spart, erklärte er gestern. Gegenüber Niederbremer räumte Wedemeier ein: „Das war eine sehr, sehr direkte, deutliche Einflußnahme — weniger eine Bitte. Nur an dieser einen Stelle!“

Immer wieder vertrat der Bürgermeister diese Logik: „Wenn wir bei privaten Unternehmen um Spenden bitten, dann können die doch erwarten, daß sich Firmen mit bremischer Beteiligung auch engagieren!“ Deshalb habe er die 100.000 Mark zu spenden empfohlen für die Ausstellung „Aufbruch in die Fremde“, insgesamt habe er eine halbe Million gesammelt und dazu „5, 6 Firmen angeschrieben“.

Daß das Hansezimmer im Rathaus und auch das Wohn- und Schlafzimmer in der Bonner Landesvertretung für 32.000 Mark vond en Stadtwerken möbliert worden ist, sei normal: Beide seien schon zuvor von bremischen Unternehmen ausgestattet worden, wie auch die Güldenkammer und andere Räume. Für das Bonner Schlaf- und Arbeitszimmer waren vom Haushaltsauschuß schließlich nur noch je 9.000 mark vorgesehen gewesen — — „klar, daß das damit nicht zu machen war“.

Mit 24.000 Mark hatten die Stadtwerke im Marriott-Hotel den Empfang der Kommunalpolitiker finanziert. Wedemeier hatte sich „Als Bürgermeister!“ für die Spende eingesetzt „für diesen europaweiten Kongreß“. Niederbremer klärte auf, daß Wedemeier zugleich Bundesvorsitzender dieser AG ist, und daß sonst keine Kongresse bezuschußt wurden.

Die eine Frage ist, ob Spenden den unternehmenspolitschen Zielen im engeren Sinne dienen, ob sie das überhaupt grundsätzlich sollen. Eine andere, ob durch so eine umfangreiche Spendenpraxis nicht ein parlamentarisch unkontrollierter Nebenhaushalt entsteht. Wedemeiers Argumente dagegen: „Unsinn.“ Erstens könnten gerade in diesem Fall die Aufsichtsrat-Mitglieder doch kontrollieren — auch die der Oppositionsparteien. Zweitens könnten reihenweise bremische Einrichtungen, von Focke-Museum über kleine Projekte, ohne solche Spenden gar nicht leben. Drittens wieder: Wer Privatfirmen zu Spenden animieren will, muß mit Beispiel vorangehen. Und die CDU hätte die Spendenpraxis in all den Jahren nie gerügt oder bemängelt — aber gern knapp 50.000 von der Preußen-Elektra angenommen!

Niederbremer konnte nicht landen mit seinen Versuchen, die besondere Brisanz der Personalunion des Aufsichtsrats-Vorsitzenden und Bürgermeisters Wedemeier für die Spendenvergabe und Kontrolle zu problematisieren: „Wie soll der Aufsichtsratsvorsitzende Spenden kontrollieren, wenn er selbst als Bürgermeister um Spenden nachsucht?“ — „Da habe ich kein Problem“, gab der Befragte zurück, „ich bitte nur um Spenden, die guten Gewissens gegeben werden können.“ Daß Spendenvergabe „nichts Ungewöhnliches“ in allen Unternehmen sei, betonte Wedemeier immer wieder. Niederbremer hielt dagegen: In anderen Firmen kann der Aufsichtsrat dann einschreiten - aber hier ist der Aufsichtsrat zu 80% Anteilseigner! Spüren Sie da keinen Unterschied?“ Wedemeier: „Ich sehe das anders.“ Konsequenzen? Viellleicht, aber: „Wenn die Stadtwerke der Stadt Bremen helfen, lasse ich nicht zu, sie durch den Dreck zu ziehen!“

S.P.

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