: Behördentanz um Künstlerinnenhaus
■ Buntentor: Nutzungsvertrag für das besetzte Haus läuft aus / Behörden loben Projekt, sind aber unschlüssig
Es war die Ausnahme unter den Regelfällen. Im Sommer 1987 besetzten etwa 50 junge Leute das leerstehende Haus Buntentorsteinweg 372, gründeten einen Verein und konnten mit der Sozialbehörde einen Nutzungsvertrag mit Wohnrechten abschließen. 1988 war der Vertrag nach langen Verhandlungen unterschriftsreif, fünf Jahre sollte er laufen. Die sind jetzt um, am 31.5. läuft die Nutzungsfrist für das Haus ab.
Der „Verein für freie Kulturentfaltung, kommunikatives und selbständiges Leben“ nutzt das Haus. Der Name ist geblieben, die Mitgliederstruktur hat sich gewandelt: Aus einem bunt durcheinandergewürfelten Verein hat sich ein Künstlerinnen- Verein entwickelt. Fünf Frauen leben in dem Haus, etwa 20 Künstlerinnen haben auf dem Gelände ihre Werkstätten: Malerinnen, Bildhauerinnen, Fotografinnen. Sie nutzen das Haus im Sinne des Vertrages, für Wohnen und Werken. „Seit dreieinhalb Jahren arbeiten wir hier kontinuierlich, seit etwa einem Jahr läuft es richtig gut“, sagt Anja Fußbach, eine der Künstlerinnen. Das Frauenprojekt „Atelier, Werkstatt, Lebenskunst“ will sich deshalb auch im Mai im eigenen Haus mit einer Werkschau erstmals in der Öffentlichkeit präsentieren.
Ein riskantes Datum: Zwar steht im Vertrag, daß über eine Weiternutzung verhandelt werden muß. Bislang sind die Prognosen für eine Fortsetzung des Projektes über den 31.5. hinaus eher vorsichtig. „Ich würde den Frauen wünschen, daß sie weitermachen können“, erklärt beispielsweise der Staatsrat Soziales, Hans-Christoph Hoppensack, „denn das Projekt ist nicht nur gut gemeint, es ist auch gut gemacht.“ Aber: „Die Stadt muß überlegen, was sie sonst noch mit dem Grundstück machen kann.“ Und Hoppfensack, der 1987 als Verhandlungspartner mit den BesetzerInnen den Nutzungsvertrag ausgehandelt hat, will die Verantwortung aus seinem Ressort abgeben. „Meine Patenschaft ist hier nicht mehr von Nöten, und deshalb habe ich die Frauensenatorin gebeten, ob sie das übernimmt.“
Mindestforderung Hoppensacks für eine künftige Nutzung: Der Verein zahlt künftig Miete für das Haus. Bislang zahlt sind ausschließlich die Unkosten bezahlt worden, dafür haben die Frauen sämtliche Instandhaltungskosten übernommen: Gerade fertig geworden ist beispielsweise ein frischer Holzfußboden im Veranstaltungsraum des Hauses. Außerdem soll demnächst eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt für Frauen öffnen.
Die Künstlerinnen wollen auf jeden Fall ihr Projekt verlängern. „Es ist im Stadtteil eine Art Symbolprojekt für Frauen, die hierhin kommen können und Bedingugen vorfinden, die es anderswo nicht gibt.“ Von horrenden Ateliermieten auf dem freien Markt erzählt Andrea Wiese, und von 60 Mark Nutzungsgebühr im Atelier Werkstatt, Lebenskunst. Das bietet keine fertigen Plätze, sondern Arbeit, und versucht so, die Frauen an das Haus zu binden. „Wer hier jahrelang für sein Atelier gearbeitet hat, der gibt es nicht so ohne weiteres auf.“
Frauensenatorin Sabine Uhl hat nach Angaben ihres Sprechers Jörg Henschen „Interesse, daß Projekt zu übernehmen“, ebenso die Leiterin der Frauen- Gleichstellungsstelle, Ursula Kerstein. „Wir übernehmen aber nur, wenn das Projekt fortgesetzt wird. Wir sind nicht bereit, den Schwarzen Peter zu spielen, wenn es ausläuft. Am Ende heißt es dann: –Kaum nimmt das Frauenressort das in die Hand, ist es kaputt'.“
Offen ist auch die Entscheidung des Beirates. Am nächsten Donnerstag wird es dort zur Diskussion kommen, Ende Mai will der Beirat dann nach Angaben des Ortsamtsleiters Klaus-Peter Fischer seinen Beschluß fällen.
Im Hintergrund dieser Entscheidung schweben noch Bauprojekte für Altenwohnungen, die die Bremische ursprünglich auf dem Gelände bauen wollte. „Wir hatten damals Pläne und Fördermittel für solche Wohnungen“, bestätigt Dieter Cordes, Prokurist der Bremischen, auf Anfrage. Die Fördermittel sind aber anderweitig genutzt worden, nachdem sich das Bauprojekt zerschlagen hat. „Von uns aus können wir eine Bebauung nicht betreiben, es sei denn, wir bekämen das Grundstück angeboten“, erklärt Cordes seinen Einfluß auf die Zukunft des Grundstücks. „Wir haben da nichts zu aktivieren.“ Markus Daschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen