Energieverbrauch soll sichtbar gemacht werden

■ Veranstaltung zur künftigen Energiepolitik: Experten fordern Energiepaß

Berlin. Berlin kann offenbar mehr Energie sparen, als es im bisherigen Energiekonzept von Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) angenommen wird. Dies ist das Ergebnis der ersten Fachveranstaltung zur künftigen Energiepolitik des Senats, an der am Mittwoch abend etwa hundert Vertreter aus Politik und Verwaltung, von Institutionen, Umweltverbänden und aus der Wirtschaft teilgenommen hatten.

Hinter grund der Fachveranstaltung, die kommende Woche an drei weiteren Tagen fortgesetzt wird: Berlin hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2010 seinen Energieverbrauch und somit den heutigen Kohlendioxidausstoß um ein Viertel zu vermindern. Kohlendioxid ist ein sogenanntes Treibhausgas, das erheblich zur Erwärmung der Erde beiträgt.

Am vergangenen Mittwoch ging es nun um die „rationelle Energieanwendung im Gebäudebereich“. Manchem der 150 Einwender – von der Architektenkammer über den Deutschen Gewerkschaftsbund bis zum Verband Berliner Ingenieure – ging Hassemers Energiesparkurs zu weit, anderen wiederum nicht weit genug. So kritisierte der Verband Berliner und Brandenburger Wohnungsunternehmen, daß die geplanten Vorranggebiete für Gas- oder Fernwärmeversorgung zu einer monopolisierten Energieversorgung führen könnten. Die Architektenkammer gab zu Bedenken, daß Energiesparen bereits zu Bauschäden geführt habe.

Umweltverbände, Grüne und Solarenergie-Vereine wie -Firmen drängten dagegen auf eine stärkere Förderung von Sonnenenergie und auf die Einführung eines Energiepasses für Häuser. Mit diesem Paß seien in Schweden bereits gute Erfahrungen gemacht worden, berichtete ein Vertreter von Greenpeace. Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, forderte einen „marktwirtschaftlichen Regelkreis“. Sollte beispielsweise bei Strom das angestrebte Sparziel nicht erreicht werden, müßten die zusätzlich verbrauchten Kilowattstunden dreimal so teuer bezahlt werden wie die herkömmlichen. Das dadurch extra eingenommene Geld stünde wiederum weiteren Energiesparmaßnahmen zur Verfügung. Für Berger ist dieser Vorschlag auch deshalb sinnvoll, weil die geplante Kohlendioxid-Minimierung von 25 Prozent an den dafür notwendigen teuren Investitionen zu scheitern droht.

Ein weiterer Vorschlag, der bisher im Energiekonzept fehlt: Energieverbrauch sichtbar machen. Gotthard Schulte-Tigges von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) begrüßte ein Projekt an einer Schule in Prenzlauer Berg, bei dem Schüler und Lehrer durch große Meßgeräte den momentanen Verbrauch ablesen könnten. Dadurch werde das Bewußtsein geschärft.

Die Einwände werden bei der öffentlichen Anhörung am 19. Mai im Haus der Kulturen der Welt erörtert. Die dortigen Ergebnisse werden bei dem Entwurf des Landesenergieprogramms berücksichtigt, das der Senat in diesem Jahr verabschieden will.

Dirk Wildt

2. Fachveranstaltung „CO2-Reduzierung beim Verkehr“, 26.4., 16 Uhr, im Stadtforum, Wallstraße 27