■ Bonn-apart: Gruppenbild mit Griechin
Bonn (taz) – Ehemaligentreffen in der Parlamentarischen Gesellschaft, dem Lieblingsclub der Bonner CDU. Margarita Mathiopoulos, ehedem fast Pressesprecherin der SPD geworden, hat ein Buch geschrieben.
Heiner Geißler, ehemaliger CDU-Generalsekretär, stellt es vor. Friedbert Pflüger, früherer Weizsäcker-Sprecher, gilt die Widmung: Er ist der Gatte. Der Titel des vorgestellten Werkes ist reißerisch: „Das Ende der Bonner Republik“. Eigentlich ist es weniger ein Buch als eine Sammlung von Essays, Portraits ostdeutscher Politiker und – Bonner Klatschgeschichten.
Wie Willy Brandt 1987 die damals 29jährige Mathiopoulos bat, SPD-Pressesprecherin zu werden. Wie sich die SPD-Basis über die (in Bonn geborene) „Ausländerin“ empörte. Wie Hans Apel die Parole „BMW“ ausgab („Brandt muß weg“). Wie Hans- Jochen Vogel dem Vorsitzenden Willy Brandt ein Bein stellte. Wie der Dackel des SPD-Apparatschiks Rudolf Hartung hieß: „Rosa Luxemburg“. Wie sich die Parteilinke Heidemarie Wieczorek-Zeul nach Willy Brandts herbeiintrigiertem Rücktritt vor der versammelten Presse „in Tränen“ auflöste. Wie sie hinterher in der Kneipe feierte: „Aufgelöst ist nur noch die Garderobe.“
„Das Buch wird Ärger machen“, prophezeit Heiner Geißler, münzt das aber – grobe Fehleinschätzung – nicht auf diese Gemeinheiten, sondern auf die Attacken, die die Autorin den „frecher werdenden Deutschnationalen“ (Geißler) widmet. Den westlichen Charakter der Bundesrepublik zu retten, darum geht es Margarita Mathiopoulos. Für die Ostdeutschen bringt sie mehr Verständnis auf, als links des Rheins normalerweise zu erwarten ist, doch Berlin fürchtet sie als Symbol des alten deutschen Militarismus: „Ich bin Bonnerin“, erklärt sie offen.
Der Klatsch ist interessanter als die Denkmalsstürmerei, die zuweilen die politische Angriffslust ersetzt: Über das museale Eiserne Kreuz am Brandenburger Tor kann sich Mathiopoulos mit Pflüger und Geißler aufregen, nicht jedoch über die reale Remilitarisierung der deutschen Außenpolitik.
Dabei sind die alten Bonner unter sich. Der altliberale Burkhard Hirsch ist beim Mathiopoulos-Empfang zu sehen, sonst niemand von Bedeutung. Für die Anwesenden gilt: Keiner von ihnen hat am Regierungssitz (noch) viel zu sagen.
Die Bonner Republik nach Berlin zu retten, fordert Mathiopoulos. Wo lebt die Frau? Bonn stirbt in Bonn, nicht in Berlin. Hans-Martin Tillack
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