Negativbeispiel aus Bonn

■ Flüchtlingsräte befürchten, daß Asylrechts-Beschränkung Schule macht

Berlin (taz) – Das „wichtigste europäische Asylland“ geht mit einem negativen Beispiel voran. Mit dieser Kritik an der deutschen Asylpolitik verabschiedeten sich gestern die SprecherInnen der „European Consultation on Refugees and Exiles“ (ECRE) von Berlin. Ihre Sorge: Die geplante Änderung von Artikel 16, Grundgesetz, werde die Asylverfahren so verändern, daß sie internationalen Mindeststandards nicht mehr genügen. Insbesondere sei dann nicht mehr sichergestellt, daß Flüchtlinge, deren Asylanträge von den Behörden als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt würden, Rechtsmittel einlegen können.

Drei Tage lang hatten die 50 VertreterInnen des Zusammenschlusses von Flüchtlingsräten und Wohlfahrtsorganisationen aus allen europäischen Ländern über die aktuelle Lage des Asylrechts in Europa beraten. Unter dem Dach von ECRE sind konfessionelle und nichtkonfessionelle Organisationen zusammengeschlossen, die Flüchtlinge in den Aufnahmeländern betreuen. Ihr Halbjahrestreffen hatten sie nach Berlin verlegt, um noch einmal an das Gewissen der Bonner Politiker zu appellieren. Christopher Hein, Vertreter einer italienischen Hilfsorganisation, kritisierte, daß Bonn „im Inneren eine restriktive Veränderung“ betreibe, anstatt seine Rolle in den suprastaatlichen Organisationen wie EG, Europarat und KSZE dazu zu nutzen, sein liberales Asylsystem auf andere Länder zu übertragen. VertreterInnen verschiedener Länder bestätigten, daß die Bonner Entscheidung in den übrigen Hauptstädten gespannt verfolgt und europaweit zu neuerlichen Restriktionen der Rechte von Flüchtlingen führen werde.

Gegen eine Vereinheitlichung des Asylrechtes auf europäischer Ebene haben die Mitglieder von ECRE im Prinzip nichts einzuwenden. Sie klagen schon lange einen einheitlichen Flüchtlingsbegriff, ein einheitliches Anerkennungsverfahren für AsylbewerberInnen und eine Vereinheitlichung der materiellen und sozialen Versorgung von Flüchtlingen ein. Doch anstatt diese Voraussetzungen für eine „Harmonisierung“ der Asylpolitik zu schaffen, zäumen die Aufnahmeländer „das Pferd von hinten auf“, meint ECRE, sie sprechen von „Lastenteilen“, wo alle Voraussetzungen dafür fehlen. dora