: „Pate“ Klaus Speer kam nicht zu Wort
■ Verteidiger bezichtigt Staatsanwalt der Falschaussage / Angeklagter Speer will sich in drei Punkten schuldig bekennen
Berlin. Eigentlich wollte er endlich Stellung nehmen – doch auch am achten Prozeßtag kam der angebliche „Pate von Berlin“ nicht zu Wort. Statt dessen beherrschte erneut der Streit zwischen Speer- Verteidiger Mahler und Oberstaatsanwalt Fätkinhäuer das Verfahren. Mahler beantragte, das Verfahren einzustellen oder auszusetzen, bis der Leiter des Referats Organisierte Kriminalität abberufen sei.
Ein faires Verfahren sei wegen der schweren Verstöße der Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen Klaus Speer nicht gewährleistet. Fätkinhäuer habe die Ermittlungsergebnisse in „unrechtmäßiger Weise manipuliert“, trug Mahler vor. Dieser habe es trotz ihm bekanntgewordener gravierender Vorwürfe unterlassen, gegen den Zeugen J. ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Sein Ziel sei gewesen, den als Millionen-Betrüger bezeichneten Zeugen J. „zu verschonen“, damit er als Kronzeuge und Opfer von Speer dienen könne. Mit falschen Angaben gegenüber seinem Vorgesetzten, dem Generalstaatsanwalt Heinze, habe Fätkinhäuer zudem seine Ablösung als Anklagevertreter verhindert. Die Anklage wies die „kriminalisierenden Anwürfe“ als „absurde Argumentation“ zurück.
Das Gericht hatte zu Beginn der Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, einen der siebzehn Anklagepunkte gegen Speer einzustellen. Dieser beinhaltete gerade den Fall des Kronzeugen J., den Speer bedroht und zur Zahlung von mehreren hunderttausend Mark genötigt haben soll. Die Anklage wollte mit dem Manöver offenbar weiterer Kritik der Verteidigung entgehen. Nach Ansicht des Gerichts sei dies aber ein „zentraler Punkt“. Die Aussagen des Zeugen J. liegen nämlich auch mehreren anderen Anklagepunkten zugrunde.
Unklar ist, ob Speer am kommenden Donnerstag aussagen kann. Sein Anwalt deutete bereits an, daß Speer sich in drei Punkten schuldig bekennen wird. Dazu gehört vermutlich der illegale Besitz einer Pistole und die Bestechung eines Polizisten durch Bordellbesuche. Gerd Nowakowski
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