: Unterm Strich
Die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden waltete erneut ihres Amtes und hat ihre Prädikate vergeben. Für „Besonders wertvoll“ hält sie Ridley Scotts „Blade Runner – The Director's Cut“. Das ist insofern erfreulich, als damit einmal der Autorenversion eines Films Respekt gezollt wird. Bekanntlich hatte Hollywood einen versöhnlichen Schluß der Geschichte des Replikanten-Jägers Harrison Ford verlangt, während Scott in einer kurzen Traumsequenz mit Einhorn nahelegt, daß der Jäger selbst ein Replikant ist. Das gleiche Prädikat erhielt „Überleben“ von Frank Marshall, als „Wertvoll“ wurden „Bruno und Christine“ von Peter Stripp, „Lorenzos Öl“ von George Miller, Ralf Huettners „Der Papagei“, „Stadt der Freude“ von Roland Joffe sowie „Toys“ von Barry Levinson bewertet.
In den Reigen der Pritzker-Architekturpreisträger hat sich – nach James Sterling, Hans Hollein u.a. – der Japaner Fumihiko Maki eingereiht. Am 10. Juni wird ihm in Prag die mit 100.000 Dollar dotierte Auszeichnung verliehen. Die Entscheidung wurde in diesem Falle mit seiner „meisterhaften Nutzung des Lichts“ begründet. Also Leute, Rolläden hoch, Lampen dimmen, Gardinen färben!
Eine traurige Wahrheit hat der Kölner Verleger Reinhold Neven Du Mont auf einem internationalen Forum der Buchhersteller enthüllt: Deutsche Gegenwartsliteratur wird im Ausland ignoriert. Die letzten Repräsentanten einer deutschen Sprachkultur – Böll, Grass, Frisch und Dürrenmatt – seien noch in alle Weltsprachen übertragen worden. Die europäischen Nachbarn oder die USA hielten jedoch keinen der jüngeren Gegenwartsautoren für „unbedingt übersetzungs-, lesens- oder diskussionswürdig“. Die deutsche Gegenwartsliteratur ist nicht spannend und lesbar, und Neven Du Mont weiß auch weshalb. „Zu lange hat der Literaturbetrieb bei uns die hermetische Darstellung, die selbstverliebte Innenspiegelung, die Beschreibung stillstehender Binnenwelten als experimentell und avantgardistisch gefeiert.“ Nun rächt sich, daß Entwicklungs- und Handlungsromane lange als mindere literarische Gattung abgetan und die Attribute „lesbar und unterhaltend“ als Synonyme für Kolportage angesehen wurden. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.
Auch die Künstler sind in der Krise. Der Internationale Verband der Varieté-, Theater- und Circus- Direktoren beschwert sich über das Monopol des Arbeitsamtes bei der Künstlervermittlung. Weil dessen Vermittlungsleistungen kostenlos sind, machen die Künstleragenturen neuerdings Minusgeschäfte. Besonders den ostdeutschen Künstlern sind seit der Wende Hunderte von Verdienstmöglichkeiten verlorengegangen: 200 Kulturhäuser sind verschwunden, und der westdeutsche Unterhaltungsmarkt ist, insbesondere mit Schlagersängern, übersättigt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen