: Gericht gestürmt
■ 24 Richter und Staatsangestellte in Costa Rica in Hand der Besetzer
San José (AFP) – Ein schwerbewaffnetes Kommando hat am Montag das Oberste Gericht von Costa Rica in der Hauptstadt San José gestürmt und 24 Geiseln genommen, darunter 19 Richter. Unter den Geiseln befand sich auch der Präsident des Obersten Gerichts, Edgar Cervantes. Die Besetzer verlangten ein Lösegeld in Höhe von 20 Millionen Dollar. Die Polizei umstellte das in in einem modernen Gebäudekomplex gelegene Gerichtsgebäude und riegelte das gesamte Viertel ab. An verschiedenen Punkten wurden Scharfschützen postiert. Über Identität und Motive der Besetzer herrschte zunächst Unklarheit.
Nach Angaben von Präsidialamtsminister Rolando Lacle wollten die Besetzer der Regierung eine Liste von in costaricanischen Gefängnissen einsitzenden Personen vorlegen, deren Freilassung das Kommando forderte. Die Namen dieser Häftlinge hätten die Besetzer zunächst nicht genannt. Neben dem Lösegeld forderten sie nach Angaben Lacles außerdem, ungehindert in ein südamerikanisches Land ausfliegen zu können. Das nach nichtoffiziellen Angaben aus vier Männern bestehende Kommando, das sich selbst den Namen „La Muerte“ (Der Tod) gab, war am Montag nachmittag durch das Kellergeschoß in das Gerichtsgebäude gelangt und dann in einen Saal im zweiten Stock eingedrungen, wo die Richter zu einer Sitzung versammelt waren. Lacle sagte weiter, die Geiseln befänden sich bei guter Gesundheit. Jedoch habe das Besetzer-Kommando gedroht, Gewalt gegen die Geiseln anzuwenden, falls die Forderungen nicht erfüllt würden. Präsident Rafael Calderon setzte einen Krisenstab ein, zu dem neben Lacle auch Innenminister Luis Fishman und Außenminister Bernd Niehaus gehörten.
Von Lacle und Fishman wurden Berichte zunächst nicht bestätigt, wonach die Besetzer vier als mutmaßliche Drogenhändler inhaftierte Kolumbianer freipressen wollten. Diese Kolumbianer, die beschuldigt werden, im Dienst der Kokainmafia des südamerikanischen Landes zu stehen, waren im September im Rahmen einer internationalen Fahndungsaktion in Costa Rica festgenommen worden. Die Vereinigten Staaten hatten vor einigen Monaten ihre Auslieferung beantragt. Über den Antrag haben die costaricanischen Behörden noch nicht entschieden. Anwälte und Angehörige der vier inhaftierten Kolumbianer betonten, diese hätten nichts mit der Besetzung zu tun und lehnten es ab, auf diese Weise die Freiheit zu erlangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen