: Staunen über Luxus-Selbsthilfeprojekt
■ Senatsgeförderter Bau in Kreuzberg zweckentfremdet?
Kreuzberg. Die Anwohner der Kohlfurter- und Admiralstraße beschleicht immer mehr der Verdacht, daß in ihrer Nachbarschaft unter einem sozialen Deckmäntelchen Luxuswohnungen für Vereinsfunktionäre geschaffen werden. Genauer gesagt handelt es sich um das Haus Admiralstraße 20. Das mit Blick auf den Landwehrkanal gelegene Eckhaus ist seit 1985 im Besitz des gemeinnützigen Vereins „Kultur und Ausbildungswerk Zehlendorf e.V.“. Aus einem IBA-Bericht geht hervor, daß das Gebäude eine Lehrbaustelle für Jugendliche und junge Erwachsene sein sollte, die sich hier während ihrer Ausbildungszeit ihre späteren Gemeinschaftswohnungen schafften. Die Nachbarn argwöhnen jedoch, daß die Wohnungen des aus Sanierungsmitteln geförderten Selbsthilfeprojekts nicht von sozial benachteiligten Jugendlichen bezogen werden, sondern von den „gutbetuchten Funktionären des Trägervereins und deren Bekannten“.
Das Mißtrauen richtet sich vor allem gegen den Architekten des Projekts, Wolfgang E., der in Personalunion gleichzeitig Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins ist. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen war von ihm gestern nicht zu erhalten.
Die Kreuzberger Baustadträtin Erika Romberg (AL) bestätigte gegenüber der taz, daß die Sanierungsarbeiten in der Admiralstraße 20 kurz vor dem Abschluß stehen. Für heute sei eigentlich die Bauendabnahme durch die BSM (Beauftragte des Landesförderungsprogramm für Selbsthilfegruppen) vorgesehen gewesen. Aufgrund der Vorwürfe sei der Termin jedoch verschoben worden. Zur Klärung ist für heute abend um 20 Uhr in den Räumen der Erneuerungskommission in der Dresdener Straße 15 eine öffentliche Sitzung anberaumt worden, an der Mitarbeiter der BSM, Senatsbauverwaltung und die Baustadträtin teilnehmen werden. Der Architekt Wolfgang E. habe sein Kommen zugesagt. Den Verdacht der Anwohner könne sie in gewisser Hinsicht nachvollziehen, so Romberg, die am Dienstag von dem Architekten durch das Haus geführt worden war. Ein derartig „luxuriöses“ Selbsthilfeprojekt habe sie noch nie zuvor gesehen. Die Innenräume seien wunderschön und überaus luftig gestaltet. Besonders die Parterrewohnung böte sicher großen Anreiz für einen Gastronomiebetrieb. Eine solche Zweckentfremdung sei jedoch nicht zulässig. Aus den Erklärungen des Architekten sei sie bislang nicht klug geworden, sagte die Baustadträtin offen: „Das ist ein Mensch, der am laufenden Meter redet und sich dabei dreimal widerspricht.“ Plutonia Plarre
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