: Deutsche Lehrer in Polen
■ Niedersächsische Lehrer wollen noch lange nicht aus Polen zurück
Sie sind beliebt in Breslau (Wroclaw), die Lehrer aus Niedersachsen. Zwei Pädagoginnen und zwei Pädagogen aus Emden, Hannover und Göttingen unterrichten seit 1991 in der polnischen Stadt Deutschstudenten. „Die versuchen natürlich auch, uns gegen die polnischen Kollegen auszuspielen“, erzählt Gregor von Brandt, „und diese halten uns dann für zu lasch“. Von Braun und seine Kollegen lassen sich allerdings nichts vormachen: „Im Kollegium gibt es keine deutsch-polnischen Differenzen.“
Insgesamt sieben deutsche Lehrkräfte beziehen in Breslau, Konin und Posen ihr Gehalt nach wie vor aus der niedersächsischen Landeskasse. Bei Kultusminister Rolf Wernstedt (SPD) kommt dieses Engagement für den östlichen Nachbarn nicht von ungefähr. In den siebziger Jahren gestaltete er die deutsch-polnischen Schulbuchempfehlungen mit, die erste Auslandsreise eines Ministers der rot-grünen Koalition führte ihn dann 1990 nach Polen. Ende Mai will er sich in Breslau und Konin über den Stand der Dinge informieren.
Vielleicht hat er dabei ein personalpolitisches Geschenk für von Braun in der Tasche. „Wir hoffen auf eine fünfte Stelle“, gibt sich der 53jährige vorsichtigen Spekulationen hin. Das Breslauer Kolleg im Vorort Krzyki ist eines der größten seiner Art. „Wir haben allein 135 Deutschstudenten“, weiß von Braun. Hinzu kommen 180 Englisch- und 30 Französisch-Absolventen.
Die Schaffung der Kollegs in Folge des politischen Umbruchs in Polen Ende der 80er Jahre haben für den aus Göttingen stammenden Lehrer als „Bildungsaktivitäten ohne Vorbild europäisch historischen Rang“. Außer vielleicht mit der französischen Revolution gebe es dafür keine Vergleiche. Schließlich „hätte die polnische Regierung ja auch Panzer kaufen können“.
Im Rivalitätskampf gegen die „nur knapp zehn Universitäten in diesem riesigen Land“ haben es die rund 50 Kollegs — davon etwa 35 mit deutschen Abteilungen — nicht leicht. In den Kollegs wird nach „einem diskutierbaren Konzept“ unterrichtet, das Vorstellungen „aus den 20er und 30er Jahren entspricht“. Die Pädagogik werde „sehr klein geschrieben“, doch schränkt von Braun ein: „Ich bin hier Gast, das ist nicht unbedingt mein Bier.“
Trotzdem laufen „lebendige Studenten den Unis weg“. Der Niedersachse ziert sich etwas mit einer Begründung: „Es geht das Gerücht, daß wir bessere Sprachkompetenz vermitteln können.“ Als Antwort sorgt die einflußreiche Uni-Lobby dafür, daß Kollegstudenten in wichtigen Bereichen — etwa bei Stipendien, Ermäßigungen und Wehrzeit — benachteiligt werden.
Auch wenn das alltägliche Leben in Breslau für die Lehrer aus Niedersachsen „wie auf einer Insel“ ist, fühlt sich das Lehrer-Quartett sehr wohl. Die Sprache gibt eigentlich für sie kaum Probleme auf. „Wir müssen nur in der Stadt beim Einkaufen wirklich polnisch sprechen“, lacht von Braun. Sonst bleibe es bei englisch und natürlich deutsch. Inzwischen haben drei der vier im fernen Hannover eine Verlängerung ihrer Verträge beantragt: Sie wollen noch lange nicht aus Polen weg.
Gerd Roth / dpa
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