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Plakataktion "Deutschland wird deutscher"

Was haben wir in den letzten Monaten nicht alles gelernt: daß alle Menschen Ausländer sind, fast überall, und daß hochbezahlte Sportler und Rockstars ganz besonders gegen Fremdenhaß sind und daß sich die Teams aller möglicher Kulturverwaltungen freuen, in ihrem Programm auch ausländische Künstler begrüßen zu dürfen. So gesehen, wird Deutschland immer deutscher: Wenn alles, was möglicherweise deutsch ist, mit Signalfarbe getönt ist, wird alles andere zum Teil eines „anderen“, nach dem eine eingebildete Gemeinschaft deutscher Deutscher ihre sehnsüchtigen Arme ausstreckt. Nicht ganz so plump ausgelegt ist die Plakatkampagne, die die Kunst- Werke (Auguststraße) zusammen mit der HdK fahren. Im kristallinen Schimmer erscheint die Künstlerin selbst, Katharina Sieverding, als Zirkusartistin, die angstlos aushält, während geworfene Messer ihren Umriß nachzeichnen. Kommentar (als Zitat aus der Zeit, die damit gewiß keine Rechtspropaganda anzetteln wollte): „Deutschland wird immer deutscher.“ Nun darf man sich fragen, ob Frau Sieverding den Opfern der Gewalt Mut machen will, in Salzsäurenstarre das Gewitter abzuwarten, oder ob sie auf die Kluft hinweisen will, die sich zwischen behäbigem Kommentar und dem unkalkulierbaren Zirkus gewaltsamer Rituale auftut: Das Privileg der Kunst bleibt es, zweischneidig zu sein.

Ob eine Plakataktion dieser Art — fünfhundertfach soll das Motiv in Berlin zu sehen sein — für die Betroffenen irgend etwas ändert oder letztlich nicht sogar die Atmosphäre der Nervosität und Anspannung befördert, ist dann wieder ein klassisches Thema für lokale Talk-Shows, denen wir mit aufgeregtem Gähnen entgegensehen. uez

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