: Ehrenwerte Gesellschaft für Südafrika
Deutsch-Südafrikanische Gesellschaft distanziert sich von rechtsextremem „Hilfskomitee“ / DSAG-Kreisvorsitzender hält Distanzierung „Punkt für Punkt für nicht wahr“ ■ Von Thomas Köller
Die renommierte „Deutsch- Südafrikanische Gesellschaft“ (DSAG) hat jahrelang Seminare des rechtsextremen, in Coburg ansässigen „Hilfskomitees Südliches Afrika“ (HSA) mitgetragen und finanziell unterstützt. Dies behauptet der Coburger DSAG-Kreisverbandsvorsitzende Karl Spiess. Er hält die von der DSAG-Geschäftsführung „in aller Form und Schärfe“ vorgebrachte Distanzierung vom rechtsextremen HSA „Punkt für Punkt für nicht wahr“.
Mittlerweile will die PDS-Bundestagsfraktion mit einer Anfrage an die Bundesregierung die Verbindungen von DSAG und HSA zu rechtsextremistischen und rassistischen Organisationen und Personen in Südafrika durchleuchten. Für die DSAG eine knifflige Angelegenheit, sitzen doch im Kuratorium mit Wilfried Böhm, Volkmar Köhler und dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Hans Stercken, drei CDU-Bundestagsabgeordnete sowie der sachsen-anhaltinische Innenminister Hartmut Perschau (CDU) und die CSU-Europaabgeordneten Fritz Pirkl sowie Otto von Habsburg.
Auslöser der Debatte war die Verhaftung des südafrikanischen Journalisten Artur Kemp in Zusammenhang mit der Suche nach den Mördern des ANC-Führers und Generalsekretärs der südafrikanischen Kommunistischen Partei, Chris Hani. Kemp war (die taz berichtete) im April letzten Jahres zu Gast beim „16. Südafrika-Seminar“, das vom HSA und dem Coburger Kreisverband der DSAG veranstaltet wurde. Dort rief der inzwischen wieder freigelassene Journalist zur Gewalt gegen die Schwarzen auf und verbreitete rassistische Thesen.
Die in Frankfurt ansässige DSAG distanzierte sich daraufhin, mit den „Südafrika-Seminaren“ in Coburg als DSAG-Veranstaltungen in Zusamenhang gebracht zu werden. DSAG-Geschäftsführerin Doris Bock bekräftigte, die Gesellschaft unterstütze „in keiner Weise, weder finanziell noch ideell, diese Veranstaltungen“. Zudem habe man von der engen Verbindung zwischen dem HSA und der rechtsextremen Monatszeitschrift Nation+Europa „nichts gewußt“. Das HSA wurde 1976 von dem Nation+Europa-Herausgeber, dem NPD-Aktivisten Peter Dehoust, gegründet. Mittlerweile ist die Zeitschrift nicht nur personell, sondern auch ideologisch eng mit der offen rassistischen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ verknüpft. Bock kündigte an, daß der DSAG-Vorstand am 15. Mai „geeignete Beschlüsse fassen und Konsequenzen ziehen“ wolle.
Schon einmal mußte sich der DSAG-Vorstand mit seinem Coburger Kreisverband befassen. Im April letzten Jahres sprach man dem DSAG-Kreisvorsitzenden Spiess eine Mißbilligung aus. Spiess hatte im März letzten Jahres zusammen mit Peter Dehoust durch eine Anzeige in einer südafrikanischen Zeitung versucht, auf das dortige Referendum Einfluß zu nehmen. „Diese Mißbilligung wurde von Prinz Wittgenstein wieder zurückgenommen“, betont Spiess. Casimir Johannes Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist Präsident der DSAG.
Spiess, der die Rede Kemps für Nation+Europa übersetzt hatte und deshalb letzte Woche Besuch von der Kriminalpolizei erhielt, empört sich über die gesamte Distanzierung der DSAG. „Siebzehn Jahre lang haben DSAG und HSA zusammen die Südafrika-Seminare veranstaltet, zehn Jahre lang war Ernst Prinz zu Isenburg bei jedem Seminar dabei“, betont Spiess. Prinz zu Isenburg war der Vorgänger von Prinz zu Wittgenstein im Präsidentenamt der DSAG. „Selbstverständlich haben wir uns von der DSAG-Coburg mit dem Hilfskomitee die Kosten der Seminare geteilt“, weist er die Behauptung von Bock, es seien keine DSAG-Gelder geflossen, entschieden zurück. Spiess, der für das HSA als Finanzprüfer tätig ist, verweist zudem darauf, daß der Vorsitzende des Hilfskomitees, der Münchener Martin Pabst, „selbstverständlich Mitglied der DSAG in Coburg“ sei. „Es ist doch völlig abwegig, sich im nachhinein von etwas zu distanzieren, was jahrzehntelang gelaufen ist“, erregt sich der Jurist.
Daß es sich bei den Südafrika- Seminaren nicht nur um eine autonome Angelegenheit des Coburger Kreisverbands der DSAG gehandelt hat, beweist auch, daß DSAG-Vizepräsident Karl Schwantes aus Hamburg dem Seminar am 4. und 5. April in Coburg, bei dem Kemp aufgetreten ist, eine Grußbotschaft sandte. Für das Seminar im Jahr zuvor, bei dem der ehemalige bayerische Rep-Landesvorsitzende und jetzige Chef der „Deutschen Liga“, Harald Neubauer, die Abschlußdiskussion moderierte, sandte auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Otto Regenspurger eine „Grußbotschaft“, wie Nation+Europa berichtete. Der Coburger Wahlkreisabgeordnete erklärte, er sei zu dem Seminar eingeladen worden, habe aber nicht teilgenommen. „Es gehört zur Höflichkeit, sich für eine Einladung zu bedanken und der Versammlung einen guten Verlauf zu wünschen.“
Während der hessische CDU- Mann Böhm keinen Anlaß findet, seine Mitgliedschaft im Kuratorium der DSAG zu überdenken („Der DSAG-Stellungnahme ist nichts hinzuzufügen“), wurde sein Parteikollege Volkmar Köhler schon nachdenklicher. Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete will sein künftiges Engagement in der DSAG davon abhängig machen, ob die Gesellschaft eine „vernünftige Linie“ zu den Problemen in Südafrika findet. „Die DSAG muß sich neu orientieren.“ Teile der Gesellschaft hätten sich in der Vergangenheit „als Lobby der weißen Minderheit“ verstanden. Eine Zusammenarbeit von DSAG und HSA wie bei den Südafrika-Seminaren hält Köhler „schlicht für einen gefährlichen Unsinn“.
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