Ein Spagat zwischen Lenné und Plattenbauweise

■ Städtebauwettbewerb Heinrich-Heine-Straße: Wie man offene Brüche schient

Berlin. Auf der innerstädtischen Brache des ehemaligen Grenzübergangs Heinrich-Heine-Straße sollen von 1994 an Wohnbauten für rund 5.000 Menschen entstehen. Zusätzlich sind zahlreiche Läden und Büros sowie soziale Infrastruktureinrichtungen vorgesehen. Das „brückenschlagende Bauvorhaben zwischen Kreuzberg und der Luisenstadt“, so Jury-Mitglied Hardt-Waltherr Hämer gestern bei der Vorstellung des Projekts, soll nach den Plänen der Berliner Architekten Hentrich-Petschnigg & Partner (HPP) realisiert werden. HPP konnten den „Städtebaulichen Ideenwettbewerb Luisenstadt/Heinrich-Heine-Straße“ mit einer „visionären und zugleich pragmatisch ausgerichteten Arbeit für sich entscheiden“, sagte Konrad Wohlhage – ebenso wie Hämer Preisrichter des Bauwettbewerbs.

In der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgelobten Konkurrenz, an der sich 114 Planungsbüros beteiligten, thematisiert der Entwurf von HPP „nicht eine Harmonisierung der durch bauliche Fragmente gekennzeichneten Gegend“, betont Hämer. Vielmehr arbeite das Konzept „sehr konsequent diese Brüche heraus“ und versuche eine städtebauliche Neuordnung – „keine Heilung“ – des heterogenen strukturierten städtischen Gebildes.

Der Entwurf von HPP sieht vor, rund 1.500 Wohnungen in mehrgeschossigen flachgedeckten Bauten entlang der Heinrich-Heine-Straße, am Moritzplatz und an der Kante des einstigen Engel-Beckens unterzubringen. Damit orientieren sich die Architekten sowohl an der Wiederherstellung der Raumfolgen des Lennéschen Stadtgrundrisses in der Luisenstadt als auch an der Struktur der Großplattenbauten westlich der Heinrich-Heine-Straße. Mit dem Erhalt der gartenstädtischen Zeilenbebauung, ihrer Ergänzung und der Fortsetzung des Grünzuges von der Otto-Suhr-Siedlung bis in die Luisenstadt hinein werde der Versuch unternommen, „die Platte nicht zu negieren, sondern zu integrieren“, sagte Staatssekretär Wolfgang Branoner.

Die Rekonstruktion des ehemaligen Stadtgrundrisses fließt in den Entwurf ein etwa durch die Wiedereröffnung der alten Dresdener Straße. Dazu durchstoßen HPP das Wohnhaus an der Heinrich- Heine-Straße. Zugleich soll die Sanierung der denkmalgeschützten Exerzierhalle Friedrich Schinkels in eine Markthalle dem Ort zu mehr Urbanität verhelfen. Kritik übte das Preisgericht an dem Standort der geplanten Waldorff- Schule im westlichen Areal des 200.000 Quadratmeter großen Wettbewerbsgebietes. Ebenso soll die Planung an der Kante des Moritzplatzes korrigiert werden.

Hinter der möglichen städtebaulichen Collage stehen allerdings grundstücksrechtliche Probleme, die eine Realisierung in Frage stellen können. Sowohl der Bund – als Besitzer von Grenzbauwerken – als auch das Land Berlin mit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte betrachten sich als Eigentümer der Liegenschaften. Die Stadt, betonte Branoner, gehe hier auf ein ihr „zugehöriges Gelände“ zurück. Hinzu kommen zahlreiche Restitutionsansprüche von Alteigentümern. Dennoch, erklärte Branoner, ermögliche das Konzept bis zur rechtmäßigen Entscheidung der Grundstücksverhältnisse eine zügige Realisierung. Man werde „in Etappen bauen“ und hoffe, daß sich der Bund als Eigentümer mitbeteilige. Rolf Lautenschläger