: Bonner SPD bezahlte „Lieber Klaus“
■ SPD-Geschäftsführer und Schatzmeister: Stadtwerke-Spende ging Bremer SPD nichts an
Die Großplakate „Lieber Klaus“ im Bürgerschaftswahlkampf 1991 sind von der Bonner SPD bezahlt worden. Mit dieser Auskunft überraschte der damalige Bremer SPD-Geschäftsführer Henrik Marckhoff gestern den Untersuchungsausschuß Stadtwerke. Die Geldflüsse Bonn-Bremen und Bremen-Bonn glichen sich damit im Herbst 1991 nahezu aus: Im September gingen ca. 27.000 Mark aus der Bonner SPD- Kasse an die Druckerei für Lieber- Klaus-Plakate und Aufkleber. Im Dezember 1991 gingen 30.000 Mark aus der Stadtwerke-Kasse als Spende an die Bundesorganisation der SPD in Bonn.
Ganz harmlos sei das Bonner Geschenk zustande gekommen, bestätigt der ehemalige Vize-Bundesgeschäftsführer Erik Bettermann: Er sei nach Bremen-Nord eingeladen worden, habe am Bremer Bahnhof auf den Anschluß warten müssen und entsetzt auf die versammelten Nölle-Plakate auf dem Bahnhofsplatz geblickt. Ob die Bundespartei da nicht helfen könne, dem plakativ etwas entgegenzusetzen, fragte Bettermann telefonisch an. Marckhoff bat um ein „Geldgeschenk“ und erhielt die Zusage, daß die Bundespartei ca. 25.000 Mark übernehmen würde, wenn entsprechende Rechnungen geschickt würden.
Damit habe die Stadtwerke- Spende allerdings nichts zu tun, versicherte Marckhoff gestern vor dem Untersuchungsausschuß. Am 22. Dezember 1991 sei er von einer Stadtwerke-Sekretärin angerufen und gefragt worden, auf welches Konto der Bonner SPD die Spende denn überwiesen werden soll oder ob das Geld nicht der Bremer SPD überwiesen werden könne, die es dann weiterleiten könnte. Voller Unverständnis fragte CDU-Ausschußmitglied Teiser mehrfach, ob der Bremer SPD-Geschäftsführer nicht auf die Idee gekommen sei, auf die dringenden Finanznöte seiner Bremer Landesorganisaton hinzuweisen? Marckhoff wehrte ab: sei er nicht.
Auch der derzeitige Schatzmeister der SPD, Heiner Erling, hat keinen Hinweis auf Zusammenhänge zwischen dem Geld, das aus Bonn nach Bremen floß und dem Geld, das aus Bremen nach Bonn floß. Im Gegenteil: Erling fragte am 25. Juni 1992, dem Tag der Bürgerschaftsdebatte über Billigstrom und Spenden, seinen Vorgänger Egon Kähler, ob ein Zusammenhang besteht zwischen den 70.000 Mark, die insgesamt zwischen Januar 1991 und April 1992 von den Stadtwerken an die Bonner SPD geflossen sind, und der Kredit-Finanzierung des Wahlkampfes 1991. Kähler habe geantwortet: „Laß Dich nicht von dem Gequatsche beeinflussen. Da ist nichts dran.“ Natürlich habe man in SPD-Kreisen über solche Zusammenhänge Spekulationen angestellt. Erling versicherte, er lehne solche Parteispenden von kommunalen Untenehmen aus politischen Gründen ab.
Im Wahlkampfjahr 1991 hatte der Kredit, den die Bremer SPD in Bonn aufnehmen mußte, innerparteilich zu erheblichen Diskussionen geführt. Schatzmeister Kähler „wollte den um's Verrecken nicht“, erinnerte sich Marckhoff. Die Kreditbelastung „führe zum finanziellen Kollaps der Landesorganisation“, hatte Kähler im Mai 1991 die Landeswahlkampfleitung gewarnt. „Einstimmig“, vermerkt das damalige Protokoll, habe die Wahlkampfleitung beschlossen, sich um eine „Steigerung des Spendenaufkommens“ zu bemühen. Alle, von denen man eine Unterstützung erhoffen konnte, sollten angesprochen werden — nur die Stadtwerke offenbar nicht. Hat Geschäftsführer Marckhoff je davon gehört, daß die Stadtwerke angsprochen worden sein sollen, die „Lieber Klaus“-Kampagne zu bezahlen? „Nein. Ganz eindeutiges Nein“. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen