piwik no script img

Die Generäle blasen zum Burenkrieg

■ Südafrikas Ex-Militärführer wollen Rechtsradikale einen

Potchefstrom (taz) – Weißhaarig, wettergegerbt, selbstbewußt und trotzig verlangte der General vor knapp 10.000 Bauern im Stadion von Potchefstrom: „Die Verhandlungen müssen sofort abgebrochen werden.“ General Constand Viljoen, bis Mitte der 80er Jahre Chef der südafrikanischen Streitkräfte, gilt als neue Hoffnung der führerlosen Rechtsradikalen Südafrikas. Die burischen Bauern klatschten, obwohl Viljoen angesichts der stark vertretenen ausländischen Presse im ungeliebten Englisch sprach.

Nach dem Tod von Andries Treurnicht, dem Chef der Konservativen Partei, erschien der Ex- General bei der Mobilisierungsveranstaltung der südafrikanischen Rechten am Donnerstag in der Kleinstadt Potchefstrom als der sprichwörtliche Phoenix, der sich aus der Asche erhebt – in diesem Fall den Trümmern der Apartheid. „Die Afrikaaner verehren Militärs und Generäle,“ erklärt der südafrikanische Risikoanalyst Wim Booyse die fast abgöttische Verehrung, die die Bauern dem abgehalfterten Militär zollten. Zwar schlugen sich bei dem weißen Referendum über die Fortsetzung des Reformkurses im März letzten Jahres nur rund 30 Prozent der zwei Millionen wahlberechtigten Weißen auf die Seite der Reformgegner; Viljoens Mitstreiter Tienie Groenewald, einst Geheimdienstchef der Streitkräfte, hat freilich immer noch keine anderen Ideen zu bieten, als die Vorstellungen, mit denen Südafrikas Reformgegner beim Referendum Schiffbruch erlitten. Er will 14 Prozent Südafrikas abspalten und einen rein weißen Staat bilden.

ANC-Präsident Nelson Mandela zeigte sich bei seinem Besuch in London vor wenigen Tagen überzeugt: Die größte Gefahr für Südafrikas Demokratisierung geht von den Rechtsradikalen und ihren Hintermännern im Sicherheitsapparat aus. Diese Beurteilung wird nicht überall geteilt. „Die Rechtsradikalen sind sich einig, wogegen sie sich wehren wollen; wofür sie sind, darüber gibt es unendlichen Streit,“ glaubt ein Beobachter. 186 Gruppen und Grüppchen streiten sich um die reine Lehre der Apartheid. Die neo-faschistische „Afrikaaner Weerstandsbeweging“ (AWB) unter ihrem eigenwilligen Führer Eugene Terre'Blanche, die sich als einziger Wahrer des Burentums versteht, spricht den Generälen jedes Recht ab, für die Afrikaaner zu sprechen.

Vier ehemalige Generäle hatten sich Ende April zum „Generalskomitee“ zusammengeschlossen – darunter neben Viljoen und Groenewald auch der frühere Polizeikommissar Lothar Neethling, dem laut Gerichtsurteil nachgesagt werden darf, daß während seiner Amtszeit die forensische Abteilung der Polizei Gift für Anschläge auf Regimegegner herstellte. Die Absicht des Komitees: die Afrikaaner sollen vereint und in der „Volksmobilisierung“ aktiviert werden.

General Constand Viljoen stellt politisch den größten Gewinn für die zersplitterte Rechte dar. 1985 nahm der enge Vertraute des damaligen Staatspräsidenten P.W. Botha seine Uniformmütze. Zuvor hatte Pretoria sich Rüffel aus Washington eingehandelt, weil südafrikanische Militärkommandos plötzlich in der angolanischen Ölenklave Cabinda aktiv wurden und US-Ölfirmen gefährdeten. Immer wieder versuchten Südafrikas Konservative seitdem, Viljoen auf ihre Seite zu ziehen. Nun taucht er aus der Versenkung auf, als Respektfigur, um die Ziele der Rechtsradikalen einem breiten Spektrum verkaufen zu können.

„Wenn es eine gemeinsame Kontrolle der Sicherheitskräfte unter Beteiligung des ANC gibt,“ spielt Viljoen auf alte Ängste an, „dann heißt dies nur eins: In der ganzen Welt stirbt der Kommunismus, bei uns wird ihm die Kontrolle über die Armee gegeben.“ Den jubelnden Bauern hämmert er alte Feindbilder ein: „Es ist der Kommunismus, der uns bedroht, nicht schwarzer Nationalismus. Wir haben nichts gegen schwarzen Nationalismus, solange auch Platz für weißen Nationalismus bleibt.“

In Südafrika kommen auf einen Weißen sieben Schwarze. Und die Perspektive, nach 350 Jahren unangefochtener Vorherrschaft die Macht zu verlieren, schreckt viele der 45.000 weißen Bauern wie auch die weiße Arbeiterklasse. „Wenn unsere Forderungen nicht erfüllt werden,“ drohte ein Sprecher in Potchefstrom, „werden wir unsere Produkte aus den Regalen der Geschäfte nehmen.“ Immer wird auch die Drohung mit einer Neuauflage des Buren-Krieges gegen die Engländer um die letzte Jahrhundertwende laut. Den haben die Buren damals jedoch verloren. Willi Germund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen