piwik no script img

Landtagspräsidium diskutiert Sündenfall

■ CDU will Kleiderordnung wie beim Kirchgang

Landtagspräsidium

diskutiert Sündenfall

CDU will Kleiderordung wie beim Kirchgang

Ein ministerieller Apfelbiß hat offenbar für Verstimmungen im Landtagspräsidium gesorgt. Immerhin vier Seiten lang ist das der dpa vorliegende interne Protokoll einer Sitzung, während der sich die Hüter der „Würde des Hauses“ (Protokoll) mit Obstverzehr, Krawattenlosigkeit oder Sitzhaltung von Ministern und Abgeordneten befaßten.

Was war passiert? In der Februarsitzung hatte eine Bürgerinitiative Äpfel am Eingang des sonst nahrungsfreien Plenums verteilt. Bundesratsminister Jürgen Trittin (Grüne) nutze die Frucht zum medienwirksamen Biß auf der Regierungsbank, der prompt über das Fernsehen im ganzen Land verbreitet wurde. Wegen der „geradezu betroffenen“ Reaktionen seiner Bekannten und Freunde regte nun Schriftführer Rolf Reinemann (CDU) im Präsidium an, „über bestimmte Dinge nachzudenken“.

Neben der Obstfrage wies er auch auf einen krawattenlosen Staatssekretär am Rednerpult hin. Ohne Vorbildfunktion „sollte der Begriff 'Würde des Hauses' nicht mehr verwendet werden“. Als Maßstab schlug Reinemann den „allgemeinen Konsens beim Besuch von Kirchen“ vor.

Schriftführer Udo Mientus (SPD) störte sich daran, daß „manchmal einiges durcheinandergeht“. Vizepräsident Edzard Blanke (CDU) verwies beim Apfelthema zwar auf die Versuchung schon „in der Urgeschichte der Menschheit“, zeigte sich aber „über die Art zu sitzen manchmal nicht ganz glücklich“. Vizekollege Ernst-Henning Jahn (CDU) warnte vor „Folgewirkungen“.

Auf den „repräsentativen Querschnitt“ des Plenums auch bei der Kleiderordnung verwies dagegen Vizepräsident Pico Jordan (Grüne). Parlamentspräsident Horst Milde (SPD) zeigte Grenzen und Ausblicke auf: „Zu Ausuferungen“ dürfe es nicht kommen. Allerding müsse, was früher richtig gewesen sei, „nicht immer so bleiben“.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen