: Volle Granate im Gericht
■ Wer warf Handgranate in den Sandkasten?
„Sie haben eine scharfe Handgranate in einen Sandkasten geworfen, kann das sein?“ fragte Vorsitzender Richter Harald Schmacke. „Ich glaub' es nicht“, antwortet Fred W. Staatsanwalt Karl Stegelmann glaubt das schon. Fred W. wird vor dem Landgericht angeklagt, unter Alkoholeinfluß eine Handgranate vor dem Haus seiner ehemaligen Freundin und Mutter ihres gemeinsamen Sohnes in der Züricher Straße gezündet zu haben. Die Splitter durchschlugen Fenster und eine Tür und drangen bis zur zweiten Etage eines Hauses ein. Verletzt wurde niemand.
Die Protokollantin kaut auf ihrem Kaugummi. Derweil erzählt Fred W., was er an dem besagten Tag gemacht hat: nach wenig Schlaf machte er eine Kneipentour, spielte „Kümmerling ziehen nach Zahlen“: Wer die höchste Zahl einer Spielkarte zieht, muß eine Runde Kümmerling zahlen. Neben Kümmerling trank er noch Whiskey. Im Laufe des Tages rief er dann betrunken die Mutter seines Sohnes an. Sie verweigerte ihm seit einiger Zeit das Besuchsrecht für seinen Sohn.
An diesem Tag wollte Fred W. die Mutter seines Kindes besuchen. Durch die Gegensprechanlage ließ sie ihn wissen, daß er nicht rein könne. Sekunden später knallte es draußen, sagte sie vor Gericht. Er hatte sie fast jeden Tag angerufen und bedroht. Eine Woche zuvor hatte er ihre Wohnungstür eingetreten. Daß er eine Handgranate hätte, habe er mal erzählt, und jedesmal habe er gesagt, er würde sie umbringen, berichtete die Frau dem Gericht. Daß er eine Handgranate habe, glaubte sie nicht.
Woher könnte die Handgranate kommen?“ überlegte der Richter laut. Im September letzten Jahres ist Fred W. an der Österreichischen Grenze kontrolliert worden. Dort fand der Zoll zwei Handgranaten und 32 Patronen Kaliber 22. Fred W. hatte auf einer Reise in Kroatien Soldaten samt ihrer Munition mitgenommen und vermutet, sie hätten das Waffenmaterial liegen lassen.
Zum Verfahren sind insgesamt 14 ZeugInnen geladen. Warum Fred W. öfter betrunken ist, und ob er die Handgranate wirklich geworfen habe, wird im Laufe der nächsten Sitzungen geklärt werden.
vivA
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