Ostberliner Metaller wollen streiken

■ Über 80 Prozent der IG-Metall-Mitglieder in Berlin und Brandenburg für Arbeitskampf / Erste Aktionen am Montag

Berlin. Die Metall- und Elektroindustrie Ostberlins und Brandenburgs steht nach den Stahlbetrieben vor den ersten Streiks seit 60 Jahren. 81,45 Prozent und damit deutlich mehr als die erforderlichen 75 Prozent der stimmberechtigten Metaller votierten bei der Urabstimmung für Arbeitsniederlegungen, teilte der Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg, Horst Wagner, gestern mit. Die IG Metall hatte 27.086 Mitglieder zu der zweitägigen Urabstimmung aufgerufen. 25.325 Metaller in insgesamt 239 Betrieben gaben ihre Stimme ab. Die Beteiligung lag damit bei 93,5 Prozent.

Zur Unterstützung der Streikenden beteiligten sich am Nachmittag im Rahmen einer bundesweiten „Aktion Gegenwehr“ in ganz Berlin und Brandenburg nach Gewerkschaftsangaben knapp 7.000 Menschen an Kundgebungen und Protestaktionen.

Allein in Oberschöneweide trafen Demonstrationszüge von mehr als 3.000 Metallern aus beiden Stadtteilen zusammen. Vor dem Siemens-Gebäude in Spandau protestierten laut IG Metall 1.500 Beschäftigte. Kundgebungen gab es ferner in Pankow, Reinickendorf, Wedding, Marzahn sowie vor dem Verwaltungsgebäude der Asea Brown Boveri (ABB) in Neukölln. In Brandenburg unterstützten Autokorsos die streikenden Stahlarbeiter.

Nach den Worten Wagners sind erste Streiks in ausgewählten Metall- und Elektrobetrieben bereits von nächsten Montag an möglich. Eine entsprechende Empfehlung werde die Tarifkommission an den Vorstand der IG Metall geben. Die Frankfurter Gewerkschaftszentrale entscheidet heute über eine Ausdehnung der Streiks auf Ostberlin, Brandenburg, Thüringen sowie Sachsen-Anhalt.

Mit den Arbeitsniederlegungen, die in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bereits seit mehr als einer Woche laufen, wollen die Metaller wie ihre Kollegen in der Stahlindustrie die Arbeitgeber zur Einhaltung der Stufentarifverträge zwingen.

Zu den ebenfalls heute beginnenden Gesprächen zwischen Arbeitgebern und der IG Metall Sachsen in Dresden äußerte sich Wagner skeptisch. Nach wie vor sei unklar, was die Arbeitgeber zur Lösung des Tarifkonflikts mitbringen, so Wagner.

Nach Angaben des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) sind in den 120 Ostberliner Mitgliedsfirmen rund 28.000 Arbeitnehmer beschäftigt, in Brandenburg in 190 Betrieben rund 32.000 Arbeitnehmer.

Bereits im Vorfeld der Urabstimmung hatten die Arbeitgeber kritisiert, daß nur eine Minderheit aller Beschäftigten gefragt worden sei. Eine solche Minderheitsentscheidung, so der VME, dürfe nicht die Rechtfertigung für einen Streik sein. dpa