: Streiks bald in ganz Ostdeutschland
■ IG Metall ruft ab Montag auch in den Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin undBrandenburg zu Streiks auf / Neue Verhandlungen in Dresden aufgenommen / IG Metall pessimistisch
Hamburg/Dresden (dpa/AFP/ taz) – Der Arbeitskampf in der Metallindustrie wird auf ganz Ostdeutschland ausgedehnt. Bisher streiken mehr als 40.000 Metaller und Stahlkocher. Am Montag treten fünfzehn Betriebe in Ostberlin und neun Thüringer Unternehmen in den Streik. Am Dienstag sollen in Sachsen-Anhalt 11.000 Metaller aus sechs Betrieben folgen. Nachdem die Gewerkschaftsmitglieder in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin-Brandenburg mit großer Mehrheit für Streik gestimmt hatten, beschloß der IG-Metall-Vorstand gestern die Ausdehnung des Arbeitskampfes. Die Gewerkschaft stelle sich darauf ein, daß der Konflikt um die von den Arbeitgebern gekündigten Tarifverträge Ost in dieser Woche nicht mehr gelöst werden kann, sagte IG-Metall- Chef Franz Steinkühler. Es müsse mit einem längeren Streik gerechnet werden. Die Haltung der Unternehmer habe in Ostdeutschland Verbitterung und Zorn vergrößert. Er bezeichnete die örtlichen Verhandlungspartner als Handlanger: im Westen säßen die Täter dieser sozialen Auseinandersetzung.
Als besonders problematisch bezeichnete Steinkühler die Diskussion um Öffnungsklauseln. Die Arbeitgeber wollten die Öffentlichkeit für ihre Ziele einnehmen und nicht ernsthaft verhandeln. Deshalb habe der Vorstand über die Streikausweitung hinaus beschlossen, daß die Protestbewegung im Westen fortgeführt werde. „Was im Osten passiert, ist nur ein Vorspiel für das, was im Westen zu erwarten ist“, warnte der IG-Metall-Chef. Steinkühler begründete dies mit der für alle Arbeitnehmer grundsätzlichen Bedeutung der Tarifauseinandersetzung. Auch werde die vom DGB organisierte Aktion Gegenwehr fortgesetzt.
Mit der Vorstandserklärung forderte die IG Metall alle gesellschaftlichen Gruppen zur Solidarität mit den ostdeutschen Metallern sowie alle westdeutschen Gewerkschaftsmitglieder und auch die übrige Bevölkerung zu einer Spendenaktion auf. Wegen der niedrigeren Einkommen und Gewerkschaftsbeiträge sei im Osten die satzungsgemäße Streikunterstützung deutlich niedriger als im Westen, sagte Steinkühler.
In Sachsen begannen gestern unterdessen neue Annäherungsversuche der Konfliktparteien. Die Verhandlungsführer der Metall- Tarifparteien trafen sich in der sächsischen Staatskanzlei in Dresden, um einen Versuch zu unternehmen, einen Ausweg aus dem Tarifkonflikt zu finden. In einem Vorgespräch, das Ministerpräsident Biedenkopf moderierte, wollten die Tarifparteien zunächst die Voraussetzungen für die direkten Tarifverhandlungen klären. Hauptstreitpunkt ist die Forderung der sächsischen Metall- und Elektroindustrie nach einer generellen Öffnungsklausel für notleidende Firmen ohne wirksames Vetorecht für die Gewerkschaften. Dies lehnt die IG Metall strikt ab und schlägt statt dessen eine „Härteklausel“ vor. Der sächsische IG- Metall-Bezirksleiter Hasso Düvel sagte kurz vor Beginn des Treffens, er habe „keine Illusionen“. mk
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