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Nun vierspurig unter Hemelingen für Daimler?

■ Neuer Hemelingen-Streit im Senat: Wirtschaft und Finanzen wollen vierspurigen Tunnel trotz Finanzknapp heit

Die Koalition hat den Konflikt um die Hemelinger Marsch noch nicht vom Tisch des Hauses geräumt, da steht die nächste schwere Prüfung des Ampelfriedens ins Haus: Bei der Planung des sogenannten Hemelinger Tunnels stehen sich zwei Fraktionen gegenüber. Auf der einen Seite plädieren sowohl das federführende Bau-, als auch das Umweltressort für den Bau einer Röhre mit zwei Fahrspuren, um die Belastung der Wohngebiete zu reduzieren. Dagegen steht das Wirtschaftsressort, das eine kleine Autobahn fordert: zwei Röhren und vier Spuren. Nur so, so die Argumentation, könnten die Gewerbegebiete im Bremer Osten und insbesondere das Mercedes-Werk verkehrlich besser angebunden werden.

Bei dieser Position, die mindestens 51 Millionen Mark mehr als die bisherige Planung verschlingen würde, hat Wirtschaftssenator Jäger einen überraschenden Bündnispartner: Den Finanzsenator, der ansonsten jede Mark dreimal umdreht. Alle Ressorts haben jetzt ihre Stellungnahmen zu den Vorschlägen der Bausenatorin abgegeben. Am Dienstag wird sich der Senat zum ersten mal mit der Frage beschäftigen.

Ein Gutachten hatte alle möglichen Varianten geprüft und die Bausenatorin war zu dem Schluß gekommen, daß eine zweispurige Tunnelröhre für die Problemlage angemessen sei. Sollte der Senat so beschließen, dann soll zwischen der Sebaldsbrücker Heerstraße und dem Autobahnzubringer Hemelingen elf Meter unter der Erde gebuddelt werden. Allerdings frühestens 1998, eher werden die notwendigen Planungen und die Umweltverträglichkeitsverfahren noch dauern.

Wenn man der Stellungnahme des Wirtschaftssenators folgt, dann hängt das wirtschaftliche Wohl und Wehe des Bremer Ostens und vor allem des Daimler-Werkes von der Größe der Tunnenllösung ab. Lange Passagen drehen sich allein um Mercedes. Nur eine Röhre würde das Werk nicht ausreichend genug an den Bremer Süden und die Autobehn anbinden, argumentiert Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller. Mercedes Benz stehe vor der Entscheidung, ob der Bau eines Sportwagens nach Bremen verlegt werden soll, wo ab 1995 keine Kombi-Modelle mehr gebaut werden, heißt es in der Stellungnahme. Zwar ist der Tunnel frühestens im Jahre 2002 fertig, aber das Votum für eine kleine Lösung sei ein schlechtes Signal für Mercedes. Außerdem, so das Wirtschaftsressort, sei die vorgeschlagene Lösung nicht zukunftstauglich, weil sie nur eine Kapazitätsreserve von 25 Prozent habe. Da sei viel mehr nötig.

Der Finanzsenator unterstützt das teure Unterfangen. Dabei ist noch nicht einmal die Finanzierung der kleinen Lösung gesichert. Die sollte eigentlich durch das Sonderinvestitionsprogramm erfolgen. Dort sind 400 Millionen Mark für die Verkehrsanbindung aller Gewerbestandorte bereitgestellt, davon 300 Millionen für Hemelingen. Schon eine Röhre wäre 70 Millionen Mark teurer, bei zwei Röhren kommen dort noch einmal gute 50 Millionen dazu. Damit wäre nicht nur der Hemelinger Anteil, sondern auch der Gesamtansatz überschritten.

Dazu liefert das Kröning-Ressort den Kollegen von der wirtschaft einen finanztechnischen Trick: In der Stellungnahme Heidorns wird die Gesamtsumme kleingerechnet. Das Bauressort habe in seinen Berechnungen Sanierungsmaßnahmen in Hemelingen im Zusammenhang mit dem Tunnel eingerechnet. Das sind rund 39 Millionen Mark. Das aber könne nicht aus dem Sonderinvestitionsprogramm finanziert werden, meint der Finanzsenator. Das müsse Bremen aus anderen Töpfen bezahlen.

Die sind allerdings leer. Was die Befürworter der Großlösung außerdem nicht bedacht haben: Ein vierspuriger Tunnel, an dessen Enden schmalere Straßenstücke stehen, muß dort zu Straßenverbreiterungen führen, wenn er Sinn machen soll. Doch die tauchen bisher nirgends auf.

Jochen Grabler

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