: Polizei verhindert Roma-Protest in Neuengamme
■ Heftige Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Roma und der Polizei / Besetzung verhindert / Roma-Sprecher: „Polizeiverhalten unerträglich“
Hamburg (taz) – Ein Großaufgebot der Hamburger Polizei hat gestern nachmittag – wie angekündigt – eine Protestveranstaltung von Roma in der Gedenkstätte Neuengamme verhindert. Ein starkes Polizeiaufgebot drängte die 500 Roma und ihre UnterstützerInnen auf ein benachbartes Kornfeld ab.
Zuvor war es zwischen den aufgebrachten Roma und mehreren hundert Polizisten zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Dabei gelang es den Roma 800 Meter von der Gedenkstätte entfernt, eine Polizeisperre zu durchbrechen und die BeamtInnen in die Flucht zu schlagen. Erst eine zweite massive Polizeisperre konnte dann den Zug stoppen. Danach marschierten die DemonstrantInnen zu einem nahe gelegenen Platz in der Nähe der Gedenkstätte.
Die Polizei hatte die Gedenkstätte Neuengamme bereits in den frühen Morgenstunden weiträumig mit mehreren hundert Polizisten abgeriegelt. Einwohner von Neuengamme durften die zahlreichen Straßensperren nur nach Durchsuchungen mit Passierscheinen passieren. Der Sprecher der Roma- und Sinti-Union Rudko Kawczynski bezeichnete das Verhalten der Polizei als unerträglich. Die Gedenkstätte für viele tote Roma sei von der Polizei geschändet worden, weil unter anderem die Einsatzzentrale direkt auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers aufgestellt worden war. Kawczynski: „Dort, wo die Gräber unserer Vorfahren sind, patrouillieren Polizisten mit Stiefeln, Helm und Schild. Das ist für mich unerträglich.“
Die Roma wollten mit ihrer Aktion „Fluchtburg Konzentrationslager“ auf die politische Verfolgung der Roma im ehemaligen Jugoslawien aufmerksam machen und durch die Besetzung des ehemaligen Konzentrationslagers ein Bleiberecht für illegal in die Bundesrepublik eingereiste Roma erzwingen.
Von Neuengamme aus waren vor genau 50 Jahren die ersten Roma nach Polen deportiert worden. Etwa 500.000 von ihnen wurden dort ermordet. Die Hamburger Kulturbehörde hatte die Veranstaltung vor wenigen Tagen verboten, nachdem die Roma- und Sinti-Union die Besetzung angekündigt hatte. Die Behörde befürchtete, daß sich die Roma – wie 1989 – in der Gedenkstätte festsetzen könnten, um ein Bleiberecht durchzusetzen.
Ein Gedenkgottesdienst, an dem gestern nachmittag auch Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen teilnahm, war von der Kulturbehörde trotz öffentlicher Proteste vom ehemaligen KZ in die Neuengammer Kirche verlegt worden. Kai von Appen
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