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Ein Kandidat führt sich auf, — oder: Die CDU übt Demokratie

Die Zentrale mauerte, der Kandidat selbst ließ sich noch nicht einmal ans Telefon bitten, ein großer Grauschleier umhüllte gestern die Zentrale der Hamburger CDU. Arg verschreckt vom Urteil des hamburgischen Verfassungsgerichts wollte man um keinen Preis den Namen jenes Mannes herausgeben, der gestern abend von einem kleinen Parteitag zum Spitzenkandidaten der Union für die Bürgerschaftsneuwahlen erwählt werden sollte: Dirk Fischer.

Bis zum Redaktionsschluß stand allerdings noch nicht fest, ob das auch gelungen ist. Immerhin mußten die Delegierten vor der Krönung des eher chancenlosen Voscherau-Rivalen auch noch eine neue Satzung verabschieden. Sie soll das vom Verfassungsgericht monierte Blockwahlsystem ablösen und eine demokratische Kandidatenauswahl gewährleisten.

CDU-Kritiker Markus Wegner jedenfalls bestritt gestern energisch, daß der kleine Parteitag überhaupt die in der Tagesordnung angekündigte „Entscheidung über den Bürgermeisterkandidaten“ fällen könne: „Die Landesdelegierten entscheiden heute nichts. Sie sind kein zur Kandidatennominierung berechtigtes Organ.“

Wegners Einwand ist so unberechtigt nicht: Schließlich hatte Fischer selbst vor einer Woche angekündigt, daß künftig jeder Listenplatz von einer Vertreterversammlung besetzt werden soll. Auch der Listenplatz Nummer eins. Die Vertreterversammlung soll aber erst Ende Juni stattfinden. Wegner, der mit seiner Klage gegen die CDU die Neuwahlen erreicht hatte, überschreibt seine Pressemitteilung zum gestrigen Parteitag denn auch so: „Ein CDU-Kandidat führt sich auf.“ uex

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