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Verkehrssenator Haase blockiert Wohnungsbau

■ Bau von hundert Wohnungen in der Schöneberger Hohenstaufenstraße scheitert am Veto des CDU-Politikers

Berlin. In ihrer Koalitionsvereinbarung haben SPD und CDU das ergeizige Ziel formuliert, in dieser Legislaturperiode 80.000 bis 100.000 Wohungen zu bauen, bei der Realisierung stellt sich der Senat jedoch manchmal selbst ein Bein. Seit Jahren sollen in der Schöneberger Hohenstaufenstraße 100 Wohnungen und eine Kindertagesstätte gebaut werden, der Städtebauliche Wettbewerb wurde bereits am 1. Dezember 1989 entschieden, doch der erste Spatenstich ist nicht absehbar. Möglicherweise müssen die 112.000 Mark Preisgeld und eine nicht bezifferbare Summe für vorbereitende Planungen gänzlich abgeschrieben werden, denn nach dem Willen von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) heißt die Devise Wohungsabriß statt -bau.

Das Haus des Anstoßes ist die Hohenstaufenstraße 22, ein verkehrspolitisches Unikum, um das die Autos seit Jahren buchstäblich einen Bogen fahren. 1989 wurde ein Rückbau der vierspurigen Straße auf ihre ursprüngliche Breite von 26 Meter beschlossen. Auf dem solchermaßen wiedergewonnenen Areal neben dem Haus wollte der Bezirk die 100 Wohnungen errichten. Begraben wurden damit Pläne aus den sechziger Jahren, die eine vierspurige Verkehrsschneise bis hin zur Westtangente vorsahen. Allerdings nicht endgültig, denn im Hause Haase wurde der alte Bebauungsplan XI-69 vom 30. Juli 1964 wiederbelebt, wie der zuständige Abteilungsleiter Ural Kalender bereits Ende 1991 in einem internen Vermerk formulierte, der „Entmietung und Abriß des Wohnhauses Hohenstaufenstraße 22 vorsieht“. Einem Abriß wollte jedoch Bausenator Nagel (SPD) keinesfalls zustimmen.

Da er seine eigenen Ziele nicht durchsetzen konnte, verlegte sich Haase auf die Blockade der Wohnungsbaupläne. Er sandte nun die vom Bezirk eingereichten Bauplanungsunterlagen für den Rückbau und die Entwidmung des Straßenlandes ungeprüft zurück und erklärte den verärgerten Bezirkspolitikern, „dieses sei politisch zu entscheiden“. Eine politische Entscheidung im Bezirk ist jedoch bereits gefallen, deshalb schloß der Schöneberger SPD-Fraktionsvorsitzende Hanns Leske, „kann es sich hier nur um eine Klärung auf Senats- bzw. Abgeordnetenhausebene handeln“. Da der Bau- und der Stadtentwicklungssenator das Wohnungsbauprojekt befürworten, sei es „der Verkehrssenator, der hier bremst“. Leske mahnt die SPD im Abgeordnetenhaus, eine positive Klärung herbeizuführen, andernfalls soll das Bebauungsplanverfahren eingestellt werden.

Damit bringt er seine Genossen in die Bredouille, denn schon aufgrund seiner Zuständigkeit läßt sich an Haase vorbei das Projekt nicht verwirklichen. „Zwingen kann man ihn nicht“, weiß denn auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Horst-Achim Kern, und überlegt nun, welchen politischen Druck die SPD auf Koalitionspartner Haase ausüben kann. Notfalls, so Kern, müsse die Sache in den Senat gebracht werden. Dieter Rulff

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