: Norddeutsche sind hektisch und essen viel Zucker
■ Zauberstab-Vorführerin auf der hafa arbeitet lieber im Süden, denn da wird mehr gekocht als im Norden
Wie die Schausteller verstehen sich die Messeleute geradezu als Familie: Man trifft sich regelmäßig auf der „Hafa“ oder bei „Du und deine Welt“ in Hamburg, tauscht Hoteltips und kauft füreinander ein. Petra Stegmann führt seit Jahren den „Zauberstab“ vor. Er püriert in Sekunden Kleinteiliges zu Suppen, Soßen und Nachspeisen.
taz: 'tschuldigung, aber Sie sehen heute sehr müde aus, dabei ist es erst halb elf ...
Petra Stegmann: Ich hab' Angst, heute ist Feiertag, da sind die Leute immer so unruhig, vor allem, wenn es so schwül draußen ist. Da kommen so viele, und alles ist so hektisch heute.
Heute führt ja jemand anderes vor, und Sie machen im Hintergrund die Beratung?
Ja, das ist mein Schatz, der kommt aus der Steiermark. Nach Möglichkeit sind wir immer zusammen am Stand, das ist besser für das Privatleben.
Wie lange machen Sie den Job denn schon?
Seit fünfzehn Jahren.
Was, immer mit dem Zauberstab?
Nein. Ich wollte sowieso nie Messe machen. Ich bin ja als Messekind aufgewachsen, und meine Eltern haben Bügeltische verkauft. Ich hab' studiert, wurde Journalist, war aber sehr frustriert. Eine Meinung oder Nachricht zu verkaufen, ist manchmal furchtbar; und der Zauberstab ist ein Produkt, was ich vertreten kann, da brauche ich keinen Kompromiß mit der Chefredaktion einzugehen.
Aber hier haben Sie doch auch eine heftige Konkurrenz.
Nö, da ist viel Miteinander. Die, die Gemüsehobel oder Küchenmaschinen verkaufen, brauchen ja alle Gemüse. Nach Feierabend fährt dann eben nur einer zu Metro zum Gemüseeinkaufen.
Und das Vorführen des Zauberstabs hängt Ihnen noch nicht zum Hals raus?
Nö, weil die Leute so zufrieden mit dem Gerät sind, das gibt es ja seit vierzig Jahren. Da sagt dann die Mutter zur Tochter, ach ja, damit hab' ich die Babynahrung gemacht, das kenn ich. Und dann kauft die Tochter das auch.
Franz Stegmann: Vor allem in Süddeutschland stehen oft zwanzig langjährige Kunden hier vor der Theke — und nur einer ist dabei, der noch kein Gerät hat. Aber der kauft dann eins, das garantiere ich Ihnen.
Was wollen die Leute eigentlich lieber probieren von Ihren pürierten Cremes und Süppchen: die süßen oder die salzigen?
Petra Stegmann: Im Norden wird viel mehr Zucker konsumiert als im Süden, im Süden wird dafür mehr Knoblauch gegessen.
Gibt es sonst noch Unterschiede zwischen den Mentalitäten?
Ja, große. Im Süden wird mehr gekocht als im Norden. Da wird man viel öfter nach Rezepten gefragt.
Also hier gucken die Leute nur staunend?
Franz Stegmann:Hier kennen's eher Marihuana als Meerrettisch, des is woar. Siedfleisch mit Meerrettichsoße kocht hier doch keiner. Aber im Süden weiß jeder: Meerrettich von Hand hobeln ist schlimmer als Zwiebeln schneiden; dann sagt auch der Mann: Den Zauberstab brauch' ich!
Petra Stegmann: Die sechzig Leute in unserer Firma wollen alle lieber im Süden arbeiten. Im Süden ist es immer viel lustiger, die haben viel mehr Zeit. Im Norden ist so eine Hektik, das ist Wahnsinn. Im Süden kann man ganz langsam alles erklären und über vieles reden, über Männer, Scheidung und so.
Dann machen Sie hier nur die reine Produktinformation?
Nein, das mach ich nicht mit, weil da krieg' ich nen Herzinfarkt.
Und Ihr Mann, der macht in einer Stunde zehn Menues?
Nein, er nicht, weil er ist aus dem Süden, er paßt sich an diese Hektik nicht an.
Franz Stegmann:So, da hammer jetzt gefrorene Früchte, Yoghurt, bittschön. Was mir hier gefällt: Alles ist biologisch, und wenn man Journalist ist und genau lesen lernt — hier auf dem Plastikbecher zum Beispiel steht: Bio-Becher. Essen Sie also das nächste Mal bitte den Becher mit. So, jetzt aber wieder ernst, jetzt machen wir Eis.
Gespräch: Christine Holch
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