■ Dokumentation
: Half Maria?

Die Internationale Christliche Rundfunkgemeinschaft e.V. – Rundfunk „Neues Europa“ ist einer der Anbieter auf der Münchner Frequenz 89,0 MHz, auf der Radio Lora bislang nicht senden darf. Die taz dokumentiert ein schadenfreudiges Rundschreiben des erzkonservativen Senders nach dem Gerichtsurteil gegen Lora. Das Fundi-Radio verbreitet in München seit Mitte der 80er Jahre elf Stunden wöchentlich das „christliche Menschenbild unentstellt und unverkürzt in Übereinstimmung mit dem Lehramt der katholischen Kirche“ (Programmleiter Siegfried Dobretsberger).

Laut den Berichten des Sterns und der Münchner Kirchenzeitung sind darunter Botschaften wie „Das Ziel der Rockmusik ist es, die Jugend besessen zu machen“ und „Die Emanzipation (der Frau) ist ein Irrweg“. Neben der umstrittenen katholischen Gruppe „Engelswerk“ sollen bei dem Sender mit Sitz in Ingolstadt, so die Kirchenzeitung, auch Funktionäre der neonazistischen EAP und Sympathisanten der Mun-Sekte mitmischen.

Ingolstadt, im Marienmonat Mai 1993

Liebe Mitglieder und Freunde des Rundfunks „Neues Europa“!

Maria hat geholfen! Wie schlicht doch diese drei Worte sind, die wir immer wieder an den Wallfahrtsorten finden, aber wie inhaltsschwer! Sie stehen nun auch über der Frequenz 89,0 MHz. Die Siegerin in allen Schlachten Gottes hat auch in diesem, bis zuletzt erbitterten Kampf des Bösen um eine Sendemöglichkeit auf unserer Welle gesiegt. Deo gratias! Es ist, wie wenn ein Felsblock von uns genommen wurde. Um diese Erleichterung zu verstehen, muß man in die geplant gewesenen Sendungen Einblick bekommen haben: das unverhüllt Böse. Das Gericht hat entschieden, daß dieser Zubringer nicht auf Sendung gehen darf. Das bedeutet: täglich zwei Stunden weniger Verführung zur Unzucht, Blasphemie und politischer Hetze im Sendegebiet München.

Freilich: Alles andere an Verunehrung Gottes und Zerstörung der Würde des Menschen bleibt wie bisher, bundesweit, ja weltweit. [...] Wir dürfen uns jetzt also nicht ausruhen, denn der Kampf geht weiter. [...]

Mit vielen Maiengrüßen

Ihr Siegfried Dobretsberger