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Nest voll Vipern

■ Roh und unverfälscht: "Fawlty Towers" alle 14 Tage in 3 sat

Sporadisch öffnet 3 sat seine Schießscharten dem angelsächsichen Witz und sorgt für Sternstunden des Programms – die „Dame Edna Experience“, „Whoops Apocalypse“, auch „Fawlty Towers“ gehören in diese Kategorie. Zwar war „Fawlty Towers“ (ab heute 22.25 Uhr) auch schon bei den in punkto Serien über eine glückliche Hand verfügenden Kommerzkollegen von RTL zu sehen, leider aber in zurückhaltend synchronisierter, ergo witzreduzierter Fassung. Jedoch gibt erst die originäre Diktion des Hauptdarstellers John Cleese, in Sonderheit auch die des geplagten Faktotums Manuel (Andrew Sachs), der Angelegenheit den rechten Pfiff – höchst erfreulich also, daß 3 sat die Kultserie im untertitelten Original ausstrahlt.

„Fawlty Towers“ ist ein viertklassiges Hotel in einem zweitklassigen Badeort an der Küste Cornwalls, einer Herberge nachgestellt, in die es „Monty Pythons's Flying Circus“ einmal verschlagen hatte. Donald Sinclair, der Inhaber jener Absteige, war ein einzigartiges Exemplar seiner Zunft – er tadelte Terry Gilliam wegen seiner amerikanischen Tischmanieren, warf Eric Idles Aktentasche auf die Straße, weil er darin eine Bombe vermutete, und klagte unablässig darüber, daß seine Gäste – „Kretins in meinem Nest voll Vipern“ (Basil Fawlty) – ihn ständig von der ordnungsgemäßen Führung seines Hotels abhielten. Eine Figur wie geschaffen für einen Fernsehauftritt, und den bekam sie, zunächst in der TV-Serie „The Doctors“. Der Produzent Humphrey Barclay schlug vor, den rabiaten Gastwirt und dessen nicht minder markante Gattin zu Hauptfiguren einer Comedy-Serie zu machen. Also geschah es. John Cleese und sein damaliges Ehegespons, die amerikanische Schauspielerin Connie Booth, schrieben die Episoden. Cleese selbst verkörperte den mit manischem Trotz sein Unglück suchenden Hotelier Basil Fawlty, ein misanthropischer Patron, der stets auf der Suche ist nach Opfern, denen er sein permanentes Versagen anlasten kann. Booth, die früher selbst als Serviererin gearbeitet hatte, spielte die liebliche Kellnerin Polly. Prunella Scales lieferte eine prächtige Vorstellung als resolute Sybil Fawlty, Andrew Sachs brillierte in der Rolle des spanischen Kellners Manuel, ein nicht ungefährlicher Part, denn Manuel ist der Prügelknabe des cholerischen Basil. Sachs behielt bleibende Erinnerungen an die Dreharbeiten: In einer Szene mußte er mit qualmendem Kostüm durch die Kulissen rennen; dabei fraßen sich die raucherzeugenden Chemikalien durch seine Kleidung und verätzten die Haut.

Für jede der 25 Minuten dauernden Episoden entwarfen Booth und Cleese zehn Handlungslinien, die sie dann in vier Monaten zum endgültigen Skript ausarbeiteten. Insgesamt entstanden dreizehn Folgen in zwei Staffeln, sechs im Jahr 1975 und 1979, bereits nach der einvernehmlichen Trennung des Ehepaars Cleese, weitere sieben. Eine davon wird dem deutschsprachigen Publikum erneut vorbehalten bleiben. In „The Germans“ keift der restlos um den Verstand gebrachte Basil Fawlty nach turbulenten Verwicklungen mit überschnappender Stimme seine deutschen Gäste an: „You have absolutely no sense of humor!“ Als hätte er's geahnt... Harald Keller

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