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Telepathie für Skeptiker Von Mathias Bröckers

Starrsinn und Dogmatismus sowie der Glaube, im Besitz absoluter Wahrheiten zu sein, sind mit dem Niedergang des Mittelalters keineswegs ausgestorben. Wie sich die Institutionen dieser Zeit, die Päpste und Kirchenlehrer, weigerten, durch Galileis Fernrohr zu sehen, halten auch die Institutionen unserer Tage, die Akademien und Wissenschaftslehrer, nur zu gern an absoluten Wahrheiten fest. Im Unterschied zu früher gelten neue Sichtweisen oder Entdeckungen, die die herrschende Lehre herausfordern, zwar nicht mehr als „unchristlich“ oder „satanisch“, sondern als „irrational“, und die Scheiterhaufen sind ebenfalls abgeschafft, ansonsten aber lebt es sich mit dem Stigma „irrational“ heute kaum besser als weiland „mit dem Teufel im Bunde“. Als der Psychoanalytiker Wilhelm Reich behauptete, eine neue Art von Bio- Energie entdeckt zu haben und unglaubliche Experimente damit anstellte, wurde sein Labor zerschlagen und Reich ins Gefängnis geworfen. Als der Kosmologe Immanuel Velikovsky Indizien für den Beinahe-Zusammenstoß der Erde mit einem Himmelskörper und eine katastrophische Kulturentwicklung vorlegen wollte, versuchte das akademische Establishment, die Veröffentlichung zu verhindern. Als der Biologe Rupert Sheldrake die immer noch rätselhafte Formentstehung in der Natur mit einer Art Interspezies-Radar, der „morphischen Resonanz“, erklärte, empfahl das Fachblatt Nature das Buch als „besten Kandidaten für eine Bücherverbrennung“. Dies alles in den 50er bis 80er Jahren, nicht des 15., sondern des 20. Jahrhunderts. Insofern dürfen wir gespannt sein, wie die Wissenschaftsgemeinde auf die Bestätigung der Telepathie-Experimente reagiert, die Chuck Honorton in den „Psycophysical Research Laboratories“ (New Jersey) durchgeführt hat: Um mögliche Signale zu verstärken, wurden die „Empfänger“ der telepathischen Botschaft in einer Isolierkammer von allen Sinneseindrücken abgeschnitten, während die „Sender“, meist Verwandte oder Freunde, aufgefordert wurden, den Gegenstand eines einminütigen Videofilmes zu übermitteln. Die Empfänger mußten während dieser Zeit schildern, was ihnen vor ihr inneres Auge kam. Dann wurden ihnen die vier Filme gezeigt, und sie mußten angeben, welcher Film am ehesten der in der Kammer erlebten Bildwelt entsprach. Hätte Zufall das Geschehen regiert, wären 25 Prozent Treffer zu erwarten gewesen, Honorton aber fand 40 Prozent. „Die meisten Wissenschaftler“, kommentiert der „New Scientist“ (Nr. 1873) das Ergebnis, „sehen parapsychologische Forschung als Reservat für Spinner, Betrüger und alternde Hippies. Ein Jahrhundert Forschung, meinen sie, hat keinerlei Beweis für paranormale Fähigkeiten erbracht... Aber jetzt gibt es ein Experiment, bei dem sich selbst Skeptiker den Kopf kratzen.“ Gleich vier Institute sind nun dabei, das scheinbar „wasserdichte“ Experiment zu wiederholen. „Honorton hat uns in eine Position gebracht“, so die Psychologin und Skeptikerin Susan Blackmore, „daß wir sagen müssen, es ist entweder ein außerordentlicher Fehler, den niemand bedacht hat, oder ein Betrug – oder tatsächlich außersinnliche Wahrnehmung.“ Ein für gläubige Skeptiker geradezu ketzerischer Zusatz.

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