Kollision Bonn–Berlin beim Verkehrskonzept

■ Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses verschoben / Bonn ist mit Straßennetz im Regierungsviertel nicht einverstanden

Die Verkehrsführung im geplanten Regierungsviertel hat zwischen Berlin und Bonn einen neuen Streit entfacht. Sichtbarstes Zeichen ist die Verschiebung des Gemeinsamen Ausschuß von Bund und Berlin zum Thema Verkehr – ursprünglich sollte er an diesem Freitag tagen. Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP), die sich gestern in Berlin aufhielt, erklärte, in wichtigen Fragen der Verkehrsführung sei bislang keine Einigung erzielt worden.

Knackpunkt ist für Schwaetzer der Durchgangsverkehr im künftigen Regierungsviertel im Spreebogen, der die Interessen des Bundestags „massiv berührt“. Der Senat will den Ost-West-Verkehr zwischen der neu zu errichtenden Kronprinzenbrücke im Spreebogen und der Leipziger Straße durch eine Reihe kleinerer Straßen sicherstellen. Wie der stellvertretende Sprecher des Bundesbauministeriums, Jörg Ihlau, gestern gegenüber der taz hervorhob, sei man gegen die von Berlin geplanten vier Spuren auf der Kronprinzenbrücke wie auch in der Clara- Zetkin-Straße. Die dadurch verursachten Lärm- und Abgasemissionen seien in einem Regierungsviertel nicht hinnehmbar. Für die neu aufgetretenen Probleme machte Ihlau die mangelnde Flexibilität Berlins verantwortlich. Wer die enge Umfahrung des Brandenburger Tors und einen Rückbau der Leipziger Straße fordere, „verhindert die Möglichkeit zu einer schnellen Einigung“. Der jüngst vom Bundesbauministerium eingebrachte Vorschlag, die technischen Möglichkeiten für eine Untertunnelung des Brandenburger Tores zu prüfen, ist für Ihlau „noch nicht vom Tisch“. Konkrete Forderungen wollte Ihlau nicht nennen. Berlin sei aber gefordert, die Kritik aus Bonn in ein neues Gesamtkonzept einzuarbeiten. Auf der bisherigen Basis werde man sich „nicht näherkommen“.

Als eine „Katastrophe“ für die Entwicklung des Hauptstadtumzuges bezeichnete der stellvertretende FDP-Fraktionschef Axel Kammholz die Politik des Senats. Mit „unsinnigen Vorgaben und Festlegungen für die Leipziger Straße und die Verkehrsführung am Brandenburger Tor“ habe sich der Senat planerisch selbst gefesselt. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Käthe Zillbach, warnte gestern den Regierenden Bürgermeister Diepgen davor, in der Verkehrspolitik für den zentralen Bereich umzukippen. In der Großen Koalition gebe es klare Absprachen: „Abweichungen hiervon werden von der SPD nicht hingenommen.“ Als „überflüssig“ bezeichnete Zillbach auch das angekündigte Abstimmungsgespräch zwischen Diepgen und Schwaetzer vor der nächsten Tagung des Gemeinsamen Ausschusses. Severin Weiland