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Behörden vergeudeten 150 Millionen Mark

■ Landesrechnungshof legt Bericht vor: Trotz leerer Kassen wurde unnötig Geld ausgegeben / Schulden im Nebenhaushalt

Berlin. Trotz leerer öffentlicher Kassen haben die Behörden immer noch die Spendierhosen an, hat der Landesrechnungshof festgestellt: Danach sind in einem Zeitraum von 1991 bis Februar 1993 über 150 Millionen Mark vergeudet worden. Der oberste Rechnungsprüfer Horst Grysczyk forderte von der Verwaltung Ergebnis- und Erfolgskontrollen, um solchen Fehlentwicklungen künftig sofort entgegenzusteuern.

Viele Bereiche bei Verwaltung und Eigenbetrieben könnten kostengünstiger von „Dritten“ ausgeführt werden: etwa die Belieferung der Behörden mit Heizöl anstelle der Berliner Hafen-Lagerhaus- Betriebe. Das Unternehmen schaut auch bei den Mieteinnahmen nicht so genau hin: Durch zu billige Mieten wurden fast 700.000 Mark verschenkt.

Bei der Polizei könnten Aufgaben von privaten Dienstleistungsbetrieben kostengünstiger wahrgenommen werden. Außerdem wird kritisiert, daß eine „besonders hohe Polizeidichte nicht automatisch zu mehr Sicherheit führt“. Bei Umsetzung von Anregungen des Rechnungshofes sei zu erwarten, daß die Leistung steigt, „die einem Gesamtvolumen von etwa 1.000 Stellen entspricht“, heißt es im Bericht. Die Prüfer monieren, daß die Polizisten weit weniger arbeiten als andere Beamte, weil eine Dienstplanreform immer noch nicht umgesetzt wurde. Zu teuer seien auch die Polizeireiter und das Polizeiorchester.

Die Baubehörde wurde wegen der Mängel bei Aufstellung und Prüfung von Planungsunterlagen sowie wegen mangelnder Überwachung bei Neubauten kritisiert, was zu Teuerungen führte. Für aufwendige Richtfeste gab die Bauverwaltung 105.000 Mark aus: Waren bei der Einweihung der Moltke-Brücke 4.600 Mark vorgesehen, gab die Nagel-Verwaltung 36.000 Mark aus.

Moniert wurde auch die zu geringe Miete bei der Verpachtung der Waldbühne. Auf Drängen des Rechnungshofes wurde ein neuer Vertrag geschlossen, der eine Verdreifachung der Miete auf rund 1,8 Millionen Mark vorsieht.

Die Prüfer errechneten, daß der BVG durch Schwarzfahrer jährlich Einnahmen von etwa 42 Millionen Mark entgehen, ausstehende Beträge würden nicht schnell genug eingetrieben. Durch Stellenverminderung im BVG-Kontrolldienst könnten sechs Millionen Mark eingespart werden, ohne daß die notwendige Kontrolle beeinträchtigt werde. Die BVG gab außerdem 1,6 Millionen Mark für ein überflüssiges Gutachten über die Zug-Innenreinigung aus.

Auch die Bezirke haben geschlampt: Beim Wohnungsamt Neukölln sei der Abbau von Fehlsubventionen nicht im vorgesehenen Zeitrahmen erfolgt, wodurch Einnahmeverluste von 3,3 Millionen Mark entstanden. Beim Bezirksamt Hohenschönhausen sei bei zwei Objekten keine ortsübliche Miete vereinbart worden, wodurch sich ein Einnahmeverlust von 1,3 Millionen Mark ergebe.

Die Prüfer kritisieren, daß entgegen den gesetzlichen Vorschriften die Finanzplanung des Senats für 1992 bis 1996, die im vergangenen Jahr hätte vorgelegt werden müssen, bis jetzt nicht vorliegt. Weiter wird kritisiert, daß die Netto-Neuverschuldung von 5,6 Milliarden Mark die Summe der anrechenbaren Investitionsausgaben um 486 Millionen Mark übersteigt. Durch Kreditermächtigung für die Eigenbetriebe von 1,2 Milliarden Mark werde eine gegenüber dem Haushaltsgesetz weit höhere Kreditaufnahme zugelassen. Fazit: „Der Rechnungshof kritisiert, daß auf diese Art und Weise Schulden in Nebenhaushalte verlagert werden.“ gn

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