: Politisch — aber anders
■ Mädchen und Politik: Ganz anders als Jungen / Kongreß in Hannover
„Nein, ich interessiere mich nicht für Politik“, sagt Martina ehrlich überzeugt. „Aber du sammelst doch Unterschriften für Greenpeace, siehst Nachrichten im Fernsehen und engagierst dich für andere Menschen“, entgegnet eine Soziologin. „Politik ist für mich, was im Landtag passiert, und das interessiert mich nicht.“ Kein Einzelfall, meinte die Politologin Birgit Meyer beim Kongreß „MädchenMachtPolitik“ von Niedersachsens Frauenministerium in Hannover. Ihre These: Mädchen und Frauen sind sehr wohl politisch, aber auf eine andere Weise.
Ihr „anderes“ Politikverständnis läßt sich nicht von der üblichen Wahlforschung erfassen. Meist politisch informiert und sensibel für soziale Themen, sind Mädchen Klassensprecherin oder Jugendvertreterin. Mit ihrer Führungsrolle tragen sie nach den Erfahrungen von Soziologen entscheidend zum sozialen Klima bei. In der praktischen Jugendarbeit zeigt sich: Mädchen wollen etwas bewirken, Jungen dagegen reizt es, sich im Konkurrenzkampf zu messen.
Junge Männer machen ihre politische Beteiligung häufig an Parteien-und Regierungspolitik fest. Sie besuchen häufiger politische Versammlungen, beteiligen sich stärker an Wahlen und sind eher als Frauen bereit, in eine Partei einzutreten. Mädchen und junge Frauen dagegen „verheimlichen“ oft ihr politisches Interesse, lautet eine andere These von Birgit Meyer von der Esslinger Fachhochschule für Sozialwesen. Sie versuchten sich damit einen „Schonraum“ zu bewahren, ohne ins Rampenlicht öffentlicher Aufmerksamkeit und Kritik treten zu müssen.
Das andere Politikverständnis interpretieren die Wissenschaftler als Kritik an Strukturen, Ritualen und Institutionen in der Politik, die auf männliche Lebens- und Umgangsweisen konzentriert seien. Mädchen müsse daher Mut gemacht werden, sich einzumischen und nicht vor den Verhältnissen zu erschrecken oder zu kapitulieren. Schließlich sollten Mädchen lernen, nicht nur für andere zu sorgen, sondern auch für sich selbst. Petra Häussermann/dpa
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