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Ohne Instrumente

■ Kulturbehörde kündigt 2.450 MusikschülerInnen/ Verfahren korrekt? / CDU will Prüfung

“Das ist ein Skandal und läuft eindeutig auf eine Zerschlagung der Bremer Jugend- und Volksmusikschule hinaus!“ Jörg Kastendieck, kulturpolitischer Sprecher der CDU, machte sich gestern bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz Luft. Vor ein paar Tagen ist auf Initiative der Kulturbehörde der gesamte Instrumentalbereich der JMVS gekündigt worden; 2.450 SchülerInnen sind davon betroffen. Sie, respektive ihre Eltern, wurden gleichzeitig schriftlich aufgefordert, sich umgehend wieder anzumelden.

Die Kulturbehörde will damit die ihr auferlegten Sparmaßnahmen umsetzen: Gedacht ist, im nächsten Unterrichtsjahr weniger Instrumental-Einzelunterricht zu geben und dafür musikalische Grundausbildung und Früherziehung auszuweiten — letztere werden in größeren Gruppen angeboten und bringen mehr Geld ein. „Wir sind mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden“, so Kastendieck. „Schon zu der unpopulären Entscheidung, die Unterrichtsgebühren um 40 Prozent anzuheben, haben wir uns in der Kulturdeputation durchgerungen; Senatorin Trüpel hat es aber nicht geschafft, diese Maßnahme formell einwandfrei durchzuziehen und provoziert jetzt ein einziges Chaos.“

Knackpunkt ist für Kastendieck, daß per Senatsbeschluß die Kündigungsfristen für die neue JVMS-Ordnung mit den erhöhten Gebühren wie für die Unterrichtsverträge sang- und klanglos verlängert wurden. Er fühlt sich von der Kultur-Senatorin übergangen und verlangt eine juristische Klärung.

Die ist überflüssig, meint Jo Schlosser aus dem Musikreferat der Kulturbehörde. Die Fristenverlängerung ist zwar in der Tat überstürzt in die Wege geleitet worden, aber trotzdem korrekt. „Auch wir hätten lieber differenzierter gearbeitet. Die Leitung der JVMS hat uns aber kein entsprechendes Konzept vorgelegt, das uns gesagt hätte, wo gekürzt werden kann. Also mußten wir ein eigenes Konzept entwicklen und haben sozusagen in letzter Minute vorsorglich den gesamten Instrumentalunterricht gekündigt.“ Nur dort kann nach Meinung der Behörde im Moment gespart werden, weil es der kosten- aber auch personalintensivste Bereich der JVMS ist. Denn es müssen noch in diesem Jahr sieben Stellen hauptamtlicher MitarbeiterInnen der Musikschule gestrichen werden.

Mit Bearbeitung der neu zu stellenden Unterrichtsanträge soll jetzt die JVMS den Instrumentalbereich selbst aussieben und damit ihr Haus nach Willen der Kulturbehörde umstrukturieren.

Die musizierenden SchülerInnen und ihre Eltern haben die Kündigungen und neuen Antragsformulare nun erhalten und sind erstmal vor den Kopf gestoßen. „Wir wußten überhaupt nichts von der Aktion.“ Ursula Bollis ärgert sich als betroffene Mutter über den schlechten Stil der Behörde. „Und ich befürchte, daß viele Eltern abspringen werden, weil sie eine Gebührenerhöhung und diese Kündigungsaktion nicht mittragen möchten. Wir müssen uns solidarisieren.“ Sie hat eine Unterschriftensammlung angeleiert.

Silvia Plahl

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