piwik no script img

Fonds und Pille

■ Forderungen nach dem 218-Urteil

Hamburg (dpa/AFP/taz) – Führende Politiker von FDP und SPD haben nach dem 218-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einen Abtreibungsfonds für bedürftige Frauen gefordert. Als Vorbild dafür nannte die FDP-Politikerin Uta Würfel die Stiftung Mutter und Kind. „Wir sollten eine vergleichbare Stiftung gründen, die in finanziellen Notlagen die Abtreibungskosten übernimmt, um den Frauen Gesundheitsrisiken durch Kurpfuscher zu ersparen.“ Daran könnten sich Staat und Krankenkassen beteiligen.

Nach Ansicht der Beratungsorganisation Pro Familia kommt durch den Wegfall der Kassenfinanzierung beim Schwangerschaftsabbruch auf die betroffenen Frauen eine erhebliche Finanzbelastung zu. Bei privater Abrechnung würden die Kosten deutlich über den Kassensätzen liegen.

Von ärztlicher Seite wurden Befürchtungen laut, Frauen würden nun versuchen, Abtreibungen eigenhändig vorzunehmen. In den 50er und 60er Jahren seien viele Frauen an den Folgen solcher Eigeneingriffe gestorben, sagte Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer. Die Vizepräsidentin des Deutschen Ärztebundes, Ute Otten, bezeichnete die Entscheidung als Katastrophe.

Bundestagspräsidentin Süssmuth meint, es gelte, Frauen Wohnung, Einkommen und Kinderbetreuung zu sichern. „Der Mut eines Ja zum Kind wird nur in dem Maße wachsen, wie ihnen Hilfen verläßlich gegeben werden.“

Bild zufolge denken in allen Bundestagsfraktionen Frauen über ein „Schwangerschafts-Folgen-Haftungsgesetz“ nach, das den Männern nach dem Verursacherprinzip die Kosten für eine Abtreibung übertragen würde.

Justizministerin Leutheusser- Schnarrenberger sieht keinen Grund mehr, die Abtreibungspille RU 486 nicht zuzulassen. Auch die Initiatorinnen der Selbstbezichtigungsaktion „Ich habe abgetrieben“ forderten, das in Frankreich bereits zugelassene Ru 486 deutschen Frauen nicht länger vorzuenthalten.

Unterdessen warf sich Bundesfrauenministerin Angela Merkel (CDU) schützend vor das Bundesverfassungsgericht: „Daß beispielsweise Ministerpräsident Schröder Teile des Urteils als ,skandalös‘ bezeichnet, ist der eigentliche Skandal.“

Auch der Vatikan hat die Entscheidung mit großer Zufriedenheit aufgenommen. L'Osservatore Romano begrüßte den Spruch als einen „Sieg für das unantastbare Recht auf menschliches Leben“. Die deutschen Katholiken müßten sich nun dafür einsetzen, auch in Notsituationen vorgenommene Abtreibungen zu verhindern. „Radio Vatikan“ bezeichnete den Tag des Urteils als einen „guten Tag für das Leben“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen