: Millionenbetrug als Freigänger
■ Drei Männer wegen Warentermingeschäften zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt
Millionenbetrug als Freigänger
Drei Männer wegen Warentermingeschäften zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt
„Auch wenn bei Warentermingeschäften korrekte Überweisungen an die Broker ausgeführt werden, räumen sie den Tatbestand des Betruges nicht aus der Welt.“ Eduard Scotland, Vorsitzender Richter der V. Großen Strafkammer beim Landegericht Bremen, machte gestern keinen Hehl daraus, was er über Warentermingeschäfte gelernt hatte. Nach gut einem Dutzend Verhandlungstagen verurteilte die Kammer gestern Manfred D. (50), Ralf V. (33) und Norbert S. (35) zu sechs und fünf Jahren sowie zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlichen, fortgesetzten Betruges. Sie hatten in gut acht Monaten zwischen Oktober 1991 und Juni 1992 mehr als vier Millionen Mark von Kunden abgezockt.
Die von Manfred D. gegründete Firma Investa sei eigens zum Zwecke des Betruges gegründet worden, begründete Scotland die hohen Freiheitsstrafen. Schon beim normalen Warentermingeschäft habe die Investa 45 Prozent der Spekuliersumme als „Geschäftskosten“ ihrer Kunden einbehalten. Die drei Männer trieben es zwischen Oktober 1991 und Juni 1992 aber noch doller: Von insgesamt etwa 4,5 Millionen Mark gingen lediglich im Februar 1992 65.000 Mark auf ein Brokerkonto, maximal 100.000 Mark sind in dieser Zeit an Kunden zurückgeflossen. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, wie der Richter befand. Der Verbleib des Restgeldes ist auch nach dem Prozeß nicht geklärt.
Im Gegensatz zu Roulette oder Lotte hätten die drei Warenterminhändler ihre Kunden über die tatsächlichen Gewinnschancen im unklaren gelassen, führte Scotland weiter aus. „Wer als Telefonverkäufer seinen Kunden über die tatsächlichen Gewinnaussichten informiert, verhungert wie der Suppenkaspar am siebten Tag.“Wer bei Warentermingeschäften als Anleger Gewinn machen will, muß Quoten von über 80 Prozent herausspekulieren. „Jeder Gewinn darunter ist Verlsut“, rechnete Scotland nüchtern vor.
Strafverschärfend wirkte sich für die drei Männer auch aus, daß sie den Betrug mit der Investa systematisch betreiben hätten: Eigens zur Vortäuschung von Seriösität sei das Unternehmen in form einer Schweizer Gesellschaft gegründet worden. Ralf V., der sechs Jahre Freiheitsstrafe aufgebrummt bekam, war bei den Betrügereien besonders abgewixt: Er saß wegen Betrugs und Verkehrsdelikten als Freigänger in der JVA Delmenhorst ein, schlief nachts im Knast und ging tagsüber auf Millionenbetrug.
Die hohen Freiheitsstrafen sollen nach Ansicht des Vorsitzenden Richters außerdem „generalpräventiv“ wirken. Die Zahl der Betrügereien im Warentermingeschäft seien in jüngster Vergangenheit sprunghaft angestiegen. Der Prozeß gegen die drei Männer hat die Kammer volle drei Monate beschäftigt, aus dem Prozeß gehen neuen Verfahren gegen Einzelpersonen hervor. In einem anderen Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Betruges in einer Größenordnung von über 20 Mio. Mark.
mad
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen