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Spendernieren schwer gesucht

■ Werbung und neuer Gesetzentwurf für Organtransplantation

Spendernieren schwer gesucht

Werbung und neuer Gesetzentwurf für Organtransplantation

Alle finden Organspende eine prima Sache — aber einen Organspendeausweis tragen nur die wenigsten in der Tasche. Das soll sich ändern, wenn es nach der Sozialsenatorin Irmgard Gaertner und den ÄrztInnen des Transplantationszentrums im St.-Jürgen-Krankenhaus geht. Einerseits wollen sie bei den BremerInnen verstärkt für die Organspende werben; andererseits soll Bremen in der Zukunft ein Transplantationsgesetz bekommen, das mehr Rechtssicherheit schafft und die Organentnahme bei Toten erleichtert.

In Bremen stehen zur Zeit 185 PatientInnen auf der Warteliste für eine neue Niere, in ganz Deutschland sind es 8.000. „Kein Gebiet in der Medizin hat sich so schnell entwickelt wie die Nierentransplantation,“ sagte Professor Kurt Dreikorn, Direktor der Urologie im St.Jürgen-Krankenhaus gestern vor JournalistInnen: Die Risiken seien inzwischen so gering wie bei normalen Operationen, die Überlebensrate betrage 95 Prozent, die Lebenserwartung eines Patienten mit Spenderniere 15 Jahre. „Bremen ist bei der Nierentransplantation in Deutschland– führend“, hieß es.

Von der medizinischen Seite gibt es bei dem Eingriff kaum Probleme. Daß die Zahl der Organverpflanzungen im letzten Jahr troztdem abgenommen hat, hat einen anderen Grund: es mangelt an SpenderInnen. Dabei liegt Bremen mit 30 Organentnahmen auf eine Million Einwohner an der Spitze der deutschen Länder, der Schnitt liegt bei 14.

Den „kleinen Schubs“, an den eigenen Tod und die Organspende zu denken, will Senatorin Gaertner der Bevölkerung über die Ortsämter geben: Die jährlich 50.000 AntragstellerInnen für Ausweise und Pässe erhalten ein Schreiben vom Gesundheits-und Innensenator mit einer Broschüre, die auf die Möglichkeiten zur Organspende hinweist. Mit der Aktion will Gaertner dem Rückgang von Spenderorganen im letzten Jahr wieder aufholen: „Gemessen am Bedarf gibt es immer noch viel zu wenig Organspenden.“

Ebenfalls aus dem Gesundheitsressort kommt der Entwurf für ein Transplantationsgesetz, das für andere Bundesländer zum Vorbild werden könnte. Es sieht für die Organentnahme die „Informationslösung“ vor: Wenn ein Patient vor seinem Tod keine Regelung über die Organspende getroffen hat, werden die nächsten Angehörigen befragt. Wenn auch diese sich nicht entscheiden können, sollen — und das ist neu — die ÄrztInnen über die Organentnahme entscheiden. „Bremen nimmt für sich in Anspruch, Vorreiter bei der Zahl der Transplantationen, bei der Information der Bevölkerung und bei der gesetzlichen Regelung zu sein“, betonte Senatorin Irmgard Gaertner.

Die Spendenbereitschaft bei Organen schwankt beträchtlich, nicht zuletzt abhängig von der Ausstrahlung von Horrorfilmen zu dem Thema, sagte Kurt Dreikorn. Bisher tragen nur 5 Prozent der SpenderInnen einen Spenderausweis. Der Mangel an Organen führt zu Höchstpreisen auf dem Schwarzmarkt und zu Organhandel, der nach Meinung der Ärzte „unbedingt unterbunden werden muß“. Bernhard Pötter

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