: Zweifrontenkrieg
■ Der Dokumentarfilm "Liberators", ARD, 23.30 Uhr
Die BewohnerInnen des belgischen Ardennen-Dorfes staunten nicht schlecht, damals im Winter 1944/45. Aus den Panzern, die soeben die letzten Nazis aus dem tief verschneiten Landstrich vertrieben hatten, kletterten ausnahmslos schwarze GIs. Und auch die halbverhungerten Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald rieben sich Monate später nicht nur ob der nicht mehr für möglich gehaltenen Befreiung verwundert die Augen, wer da den Zaun des Lagers niederriß. „Wir konnten es gar nicht glauben“, erinnert sich ein Überlebender. „Wir dachten, die kämen direkt vom Mond.“ Was sie sowenig wußten wie die erstaunten Ardennen-Bauern: Die farbigen Befreier, die da kamen, um Europa die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zurückzubringen, konnten in ihrem Heimatland von diesen hehren Prinzipien nur träumen.
Der Film „Liberators“ von William Miles und Nina Rosenblum dokumentiert erstmals den schizophrenen Zweifrontenkrieg, dem die schwarzen GIs ausgeliefert waren. In einer souverän geschnittenen, nie langweiligen Mischung aus aktuellen Gesprächen mit (und zwischen) Befreiern und Befreiten sowie einer Fülle von Archivbildern erzählt der Film ein Stück Zeitgeschichte, das die offizielle US-Geschichtsschreibung lange zu übergehen versuchte. In den USA, vor allem in den Südstaaten, noch immer Opfer einer unverhohlenen Rassendiskriminierung, ließ man die Farbigen überhaupt nur widerwillig in die Armee. Man hielt sie für wenig geeignet, das ruhmreiche Sternenbanner in Europa angemessen zu repräsentieren. Daß schließlich doch ein ausschließlich von Schwarzen gebildetes Panzerbataillon am Frankreichfeldzug teilnahm, war einzig eine Folge der hohen Verluste, die die weißen GIs in den ersten Wochen nach ihrer Landung erlitten hatten. Trotz der militärischen Erfolge ihres 761. Bataillons blieben den Schwarzen jedoch nach Kriegsende nicht nur die Orden vorenthalten. Ein Veteran: „Als wir in die USA zurückkamen, wurden wir noch immer in den Arsch getreten.“
„Liberators“ war in diesem Jahr für den „Oscar“ nominiert, ging aber leer aus. Wer einen Stereo- Fernseher besitzt, kann wahlweise den Originalton hören. Da gibt's Denzel Washington („Malcolm X“) als Erzähler. Reinhard Lüke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen